0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist am 1.1.1989 durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) in Kraft getreten. Die Vorschrift übernimmt den früheren § 366 RVO i. d. F. des Gesetzes über die Verwaltung der Mittel der Träger der Krankenversicherung (KVMG) v. 15.12.1979 (BGBl. I S. 2241). Im Gesetzentwurf war die Regelung in § 271 enthalten (BT-Drs. 11/2237).
1 Allgemeines
Rz. 2
Ein Landesverband kann für seine Mitgliedskassen eine Gesamtrücklage bilden und als Sondervermögen verwalten. Damit kann ein zusätzlicher Vermögensfonds geschaffen werden, um das Risiko der Illiquidität zu verringern. Die Gesamtrücklage beim Landesverband wird aus Teilen der bei den Mitgliedskassen zu bildenden Rücklagen gespeist. Erforderlich ist dafür eine Satzungsregelung. Zuständiges Organ ist der Verwaltungsrat des Landesverbands. Mitgliedskassen können Darlehen aus der Gesamtrücklage erhalten. Die Norm regelt eine Spezialform der bei der einzelnen Krankenkasse zu bildenden Rücklage (§ 261).
2 Rechtspraxis
2.1 Bildung der Gesamtrücklage (Abs. 1)
Rz. 3
Ein Landesverband (§ 207) kann einen Teil der von seinen Mitgliedskassen zu bildenden Rücklage (§ 261) als Sondervermögen (Gesamtrücklage) verwalten (Satz 1). Dafür ist eine Satzungsbestimmung erforderlich, über die der Verwaltungsrat zu beschließen hat. Die Einführung durch den Landesverband ist freiwillig (fakultativ) und liegt in dessen Ermessen.
Rz. 4
Die Norm ist auf die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen beschränkt. Eine wirksame Satzungsbestimmung ist für alle Mitgliedskassen bindend. Mitgliedskassen sind auch Krankenkassen einer anderen Kassenart, die dem Landesverband beigetreten sind (§ 207 Abs. 1 Satz 4). Eine freiwillige Beteiligung anderer Krankenkassen an der Gesamtrücklage ist ausgeschlossen.
Rz. 5
Die Satzung des Landesverbands bestimmt die Höhe der Gesamtrücklage. Diese orientiert sich am Rücklagesoll der Mitgliedskassen. Die Satzung kann bis zu einem Drittel des Rücklagesolls der jeweiligen Mitgliedskasse für die Gesamtrücklage vorsehen.
Rz. 6
Die Gesamtrücklage stellt als Sonderform der Rücklage der einzelnen Krankenkasse deren Leistungsfähigkeit für den Fall sicher, dass Einnahme- und Ausgabeschwankungen durch Einsatz der Betriebsmittel nicht mehr ausgeglichen werden können (§ 82 SGB IV, § 261 Abs. 1). Sie hat die gleiche Zweckbestimmung wie die von der Krankenkasse zu bildende Rücklage.
Rz. 7
Die Gesamtrücklage wird vom Landesverband treuhänderisch als Sondervermögen verwaltet. Die entsprechenden Mittel sind getrennt von den übrigen Mitteln zu führen und im Haushaltsplan auszuweisen.
Rz. 8
Die Gesamtrücklage wird von den Mitgliedskassen vorrangig aufgefüllt (Satz 2). Der einzelnen Krankenkasse ist es somit nicht erlaubt, Rücklagemittel selbst anzulegen und zu verwalten, wenn sie ihren Anteil an der Gesamtrücklage noch nicht erbracht hat.
2.2 Gewinn- und Verlustausgleich (Abs. 2)
Rz. 9
Gewinne und Verluste (Kapitalerträge, Veräußerungsgewinne, Veräußerungsverluste), die bei der Anlage der Gesamtrücklage entstehen, werden jährlich miteinander verrechnet (Satz 1). Der Differenzbetrag (Saldo) wird auf die einzelnen Krankenkassen anteilmäßig aufgeteilt. Maßgebend ist das Verhältnis der Rücklageguthaben im Jahresdurchschnitt zueinander.
Rz. 10
Ein Verlust reduziert den Anteil der einzelnen Mitgliedskasse an der Gesamtrücklage. Ggf. ist der Anteil aufzufüllen, wenn er nicht mehr dem Soll-Anteil entspricht (vgl. Rz. 14).
Rz. 11
Ein Überschuss wird der einzelnen Krankenkasse entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtrücklage gutgeschrieben (Satz 2). Die Gutschrift wird vorgenommen, wenn der von der Krankenkasse an der Gesamtrücklage zu tragende Teil des Rücklagesolls den vorgeschriebenen Umfang noch nicht erreicht hat. Der Überschuss ist auszuzahlen, wenn das anteilige Rücklagesoll der Krankenkasse erreicht ist (vgl. Rz. 12).
2.3 Überschuss und Fehlbetrag (Abs. 3)
Rz. 12
Ein Überschuss (vgl. Rz. 9) wird den Mitgliedskassen ausgezahlt, wenn deren Rücklageguthaben beim Landesverband den satzungsmäßigen Anteil erreicht hat (Satz 1).
Rz. 13
Vorrangig wird der Überschuss verwendet, um die anteilige Gesamtrücklage der Krankenkasse bis zum satzungsmäßigen Anteil am Rücklagesoll aufzufüllen (Satz 2). Es werden nur die über das anteilige Soll hinausgehenden Beträge ausgezahlt.
Rz. 14
Fehlbeträge reduzieren den jeweiligen Anteil der Mitgliedskassen an der Gesamtrücklage (Satz 3). Ggf. ist der Anteil aufzufüllen, wenn der satzungsmäßige Soll-Anteil unterschritten wird. Die Gesamtrücklage ist vorrangig vor der kasseneigen verwalteten Rücklage aufzufüllen.
2.4 Inanspruchnahme der Gesamtrücklage (Abs. 4)
Rz. 15
Eine Krankenkasse kann über ihren Anteil an der Gesamtrücklage (Guthaben) erst verfügen, wenn die von ihr selbst verwalteten Rücklagemittel verbraucht sind (Satz 1). Ein Guthaben kann auch nicht dazu verwendet werden, die eigenverwaltete Rücklage aufzufüllen, weil die Gesamtrücklage vorrangig zu bedienen ist (vgl. Rz. 8).
Rz. 16
Eine Krankenkasse ohne Rücklageguthaben kann vom Landesverband ein Darlehen aus der Gesamtrücklage erhalten (Satz 2). Der Landesverband trifft darüber eine Ermessensentscheidu...