2.1 Datenübermittlung an den MD (Abs. 1)
Rz. 8
Die Krankenkassen beauftragen den MD innerhalb eines Verwaltungsverfahrens, um leistungsrechtliche Voraussetzungen für einen abschließenden Verwaltungsakt zu prüfen. Damit der MD seine Aufgaben erfüllen kann, sind die Krankenkassen verpflichtet, die für die Beratung und Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen (Satz 1). Erforderliche Dokumente sind von der Krankenkasse zu beschaffen, die zur Erhebung und Speicherung entsprechender Sozialdaten berechtigt ist (§ 284 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7). Der Versicherte ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten aufgefordert, Unterlagen vorzulegen oder ihrer Vorlage (z. B. durch behandelnde Ärzte) zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I).
Rz. 9
Die Krankenkasse darf ausschließlich die Unterlagen und Informationen an den MD weiterleiten, die sie im Rahmen der Mitwirkungspflichten des Versicherten (§§ 60ff. SGB I) erlangt hat. Daten, die der Versicherte freiwillig gegenüber seiner Krankenkasse preisgegeben hat, dürfen grundsätzlich nicht an den MD weitergeleitet werden. Entsprechende Daten dürfen nur dann weitergegeben werden, wenn der Versicherte eingewilligt hat (Satz 2). Alternativ kann der MD erforderliche Sozialdaten unmittelbar bei den Leistungserbringern beschaffen (Abs. 2 Satz 1).
Rz. 10
Vorrangig bleibt es eine Aufgabe der Krankenkasse, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 20 SGB X) die erforderlichen Sozialdaten für den MD zu beschaffen. Der direkte Zugriff auf die Leistungserbringer durch den MD soll die Ausnahme bleiben (BT-Drs. 12/5187).
Rz. 11
Die Einwilligung des Versicherten gegenüber der Krankenkasse in die Weitergabe freiwillig offenbarter Sozialdaten richtet sich nach § 67b Abs. 2 SGB X (Satz 3). Dabei ist der Versicherte auf den Zweck der vorgesehenen Verarbeitung oder Nutzung sowie auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung schriftlich hinzuweisen.
2.2 Datenerhebung durch den MD (Abs. 2)
Rz. 12
Der MD darf Sozialdaten erheben und speichern, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen nach §§ 275 bis 275d erforderlich ist (Satz 1). Erhebung und Speicherung der Sozialdaten richten sich nach Art. 4 Nr. 2 der Verordnung (EU) 2016/679. Abs. 4a ist zu beachten.
Rz. 12a
Sozialdaten können auch einem anderen Medizinischen Dienst übermittelt werden, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen erforderlich ist.
Rz. 13
Der MD ist berechtigt, erforderliche Sozialdaten direkt bei den Leistungserbringern anzufordern (Satz 2). Sozialdaten in diesem Sinne ergeben sich auch aus den Krankenhausentlassungsberichten. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, die Daten unmittelbar an den MD übermittelt, ohne die Krankenkasse einzuschalten. Damit können Unklarheiten unmittelbar zwischen dem MD und dem behandelnden Arzt geklärt werden (BT-Drs. 12/5187). Werden weitere Sozialdaten von der Krankenkasse oder dem MD angefordert, ist dem Leistungserbringer der Begutachtungszweck zu nennen. Dies entspricht dem Gebot der Transparenz und erleichtert es den Leistungserbringern, die Anforderungen bedarfsgerecht zu erfüllen (BT-Drs. 19/26822 S. 111).
Rz. 13a
Obwohl der MD die erforderlichen Daten direkt anfordert, bleibt die Krankenkasse "Herrin" des Verwaltungsverfahrens (BSG, Urteil v. 1.7.2014, B 1 KR 48/12 R). Vorzulegen sind die Unterlagen, die der MD benötigt, um die Prüfanfrage der Krankenkasse zu beantworten.
Rz. 13b
Die Neuregelung sieht vor, dass es zur Vereinfachung des Verwaltungsablaufes weiterhin möglich ist, dass die Krankenkasse für den MDK personenbezogene Daten anfordern (BT-Drs. 18/5372). Der Rücklauf erfolgt aber direkt an den MD und nicht an die Krankenkasse. Damit wird sichergestellt, dass die Krankenkasse keine Kenntnis von den für den MDK bestimmten Daten erhält. Damit darf das in der Praxis verwendete Umschlagverfahren (die Krankenkasse erhält die Daten in einem verschlossenen Umschlag und leitet diesen ungeöffnet an den MD weiter) mit einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2016 nicht mehr genutzt werden.
Rz. 13c
Für die Zeit ab 1.1.2017 haben die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene und die MD-Gemeinschaft ein elektronisches Mitteilungsverfahren zwischen den Krankenkassen und den MD entwickelt, das bei Anforderungen von Unterlagen und Direktübermittlung der Unterlagen an den MD die notwendige Abstimmung zwischen MD und Krankenkassen sichert (Mitteilungsmanagement – MiMa).
Rz. 14
Die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Daten dürfen nur für die in §§ 275 bis 275d genannten Zwecke verarbeitetwerden (Satz 3). Der Begriff des Verarbeitens umfasst die bisher in § 67 SGB X a. F. bzw. § 3 BDSG a. F. legal definierten Begriffe Erheben, Verarbeiten und Nutzen (Art. 4 Nr. 2 der Verordnung [EU] 2016/679) und ist damit weiter als der bisherige Begriff des Verarbeitens. Das Begriffspaar "verarbeiten und nutzen" sollte nach bisherigem Rechtsverständnis alle Formen des Datenumgangs mit Ausnahme der Erhebung erfassen. Die Verwendung des weiten Begriffs des Verarbeitens bedeutet dennoch keine inhaltliche Änderung, da s...