2.1 Beratungspflicht (Satz 1)
Rz. 3
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind berechtigt und verpflichtet, die Vertragsärzte über die von ihnen erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit zu beraten. Beratungen durch die Krankenkassen oder durch von ihnen beauftragte Dritte sind unzulässig. Die Beratungspflichten der Kassenärztlichen Vereinigungen sind gemäß Satz 1 als Steuerungsinstrument im Vorfeld von Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf die Fälle beschränkt, in denen Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Verhalten vorliegen ("in erforderlichen Fällen" – vgl. Michels, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 305a, Rz. 2). Grundlage der Beratung sind Übersichten über die Leistungen innerhalb eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum, die Vergleiche zwischen den erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen des betreffenden Vertragsarztes mit im Fachgebiet und in der Praxisstruktur vergleichbaren Vertragsärzten ermöglichen.
Rz. 3a
Eine Beratungsbefugnis der Krankenkassen ist (seit dem 1.4.2020) nicht erforderlich, da die Prüfstellen (§ 106c) im Rahmen des § 106 Abs. 3 Satz 3 gezielte Wirtschaftlichkeitsberatungen in erforderlichen Fällen leisten können. Daneben hat der Gesetzgeber den Krankenkassen und deren Verbänden in § 73 Abs. 8 in Bezug auf die Verordnung von Arznei-, Verband und Heilmitteln die Aufgabe übertragen, auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen zu informieren sowie nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben.
2.2 Ergänzende Daten (Satz 2)
Rz. 3b
Die Kassenärztlichen Vereinigungen können zusätzliche Überblicke zum Verordnungsverhalten der Vertragsärzte auf der Grundlage der von den Vertragsärzten freiwillig gelieferten Daten erstellen. Hierdurch wird eine die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung umfassende Datenanalyse ermöglicht, die eine noch genauere Bewertung des jeweiligen Verordnungsverhaltens des Vertragsarztes erlaubt (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 305a Rz. 10).
Rz. 4
Die Daten werden freiwillig und nicht versichertenbezogen übermittelt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können diese Daten wiederum für die individuelle und gezielte Beratung des Vertragsarztes auswerten. Darüber hinaus sind sie ermächtigt, mit den übermittelten Daten vergleichende Übersichten zu erstellen und diese den Vertragsärzten nicht arztbezogen zur Verfügung zu stellen. Die Beratung kann mithin zusätzlich auf der Grundlage der gemäß Satz 2 übermittelten Daten erfolgen; die Beratungsbefugnisse nach Satz 1 werden hierdurch nicht eingeschränkt (BT-Drs. 14/7170 S. 16 zu § 305a). Die Nutzung der Daten für Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 ist jedoch ausgeschlossen.
2.3 Zweckbindung (Satz 3)
Rz. 5
Die nach Satz 2 übermittelten Daten dürfen nur für im SGB bestimmte Zwecke – z. B. die Beratung im Hinblick auf die Erfüllung von Zielvereinbarungen nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 – verarbeitet werden (BT-Drs. 14/7170 S. 16 zu § 305a). Die Daten werden jeweils nach Satz 2 den Kassenärztlichen Vereinigungen durch die Vertragsärzte übermittelt bzw. durch die Kassenärztlichen Vereinigungen den Vertragsärzten zur Verfügung gestellt. Nur auf diese Daten bezieht sich i. S. der sog. Doppeltür-Theorie die im weiten Begriff der Verarbeitung i. S. d. Art. 4 Nr. 2 VO (EU) 2016/679 enthaltene Erhebungsbefugnis. Weitergehende Erhebungsbefugnisse werden durch die Verwendung des weiten Begriffs der Verarbeitung weder für die Kassenärztlichen Vereinigungen noch für die Vertragsärzte geschaffen (BT-Drs. 19/4674 S. 385 zu Nr. 55).
2.4 Daten über Arzneimittel (Satz 4, 5)
Rz. 5a
Vertragsärzte, Apotheken, der Großhandel, Krankenkassen sowie deren Rechenzentren dürfen Daten über verordnete Arzneimittel nur solchen Stellen übermitteln, die sich verpflichten, die Daten ausschließlich als Nachweis für die in einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einer Region mit mindestens jeweils 300.000 Einwohnern oder mit jeweils mindestens 1.300 Ärzten insgesamt in Anspruch genommenen Leistungen zu verarbeiten. Eine Verarbeitung dieser Daten mit regionaler Differenzierung innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung, für einzelne Vertragsärzte oder Einrichtungen sowie für einzelne Apotheken ist nicht zulässig.
Rz. 6
Die Regelung verbessert den Schutz der Arzneimittelverordnungsdaten (BT-Drs. 16/3100 S. 176 zu § 305a). Demnach dürfen Vertragsärzte und die anderen genannten Stellen die Daten über verordnete Arzneimittel nur solchen Stellen übermitteln, die sich verpflichten, diese Daten ausschließlich als Nachweis für die in einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einer Region mit mindestens jeweils 300.000 Einwohnern oder jeweils mindestens 1.300 Ärzten insgesamt in Anspruch genommenen Leistungen zu verarbeiten (Satz 4 HS 1).
Eine Verarbeitung der übermittelten Daten
- mit regionaler Differenzierung innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung,
- für einzelne Vertragsärzte oder Einrichtungen sowie
- für einzelne Apotheken
ist unzulässig (Satz 2 HS 2). Hintergrund der durch das GKV-WSG (vgl. Rz. 1) eingeführten Regelung...