Rz. 14
Abs. 3 in seiner ursprünglichen Fassung ermächtigte verfassungskonform (BVerfG, Urteil v. 20.9.1991, 1 BvR 879/90), durch Rechtsverordnung unwirtschaftliche Arzneimittel aus der Versorgung der Versicherten auszuschließen. Der Begriff der Unwirtschaftlichkeit hat sich an § 12 Abs. 1 zu orientieren, d. h., das infrage stehende Arzneimittel darf nicht ausreichend oder nicht zweckmäßig oder nicht wirtschaftlich sein oder das Maß des Notwendigen überschreiten. Abs. 3 definiert 3 Fallgruppen, bei denen der Gesetzgeber das Merkmal der Unwirtschaftlichkeit als erfüllt ansieht. Dies sind zum einen Arzneimittel, die für das Therapieziel oder zur Minderung von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten. Darüber hinaus sollen Arzneimittel ausgeschlossen werden, deren Wirkung wegen der Vielzahl der enthaltenen Wirkstoffe nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden kann. Letztlich sind auch Arzneimittel ausgeschlossen, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist. Die Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthalten Ausschlüsse für die Verordnung bzw. Einschränkungen der Verordnungsfähigkeit bestimmter Arzneimittel. Sie können daher als Konkretisierung des § 34 Abs. 3 angesehen werden. Umgekehrt erfahren die Arzneimittelrichtlinien keine Grundlage oder Rechtfertigung durch Abs. 3.
Rz. 15
Der Verordnungsgeber hat Gebrauch gemacht von der Ermächtigung in Abs. 3 durch die Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel v. 21.2.1990 (BGBl. I S. 301). Nach dieser Verordnung sind von der Versorgung gemäß § 31 Abs. 1 SGB V als unwirtschaftlich ausgeschlossen
- Arzneimittel, die für das Therapieziel oder zur Minderung von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten, nämlich Kombinationspräparate mit den in Anlagen 1 und 2 der Verordnung genannten arzneilich wirksamen Bestandteilen (§ 1 VO);
- Arzneimittel, deren Wirkungen wegen der Vielzahl der enthaltenen arzneilich wirksamen Bestandteile nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden können wie Arzneimittel mit mehr als 3 arzneilich wirksamen Bestandteilen (§ 2 VO);
- Arzneimittel, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist (§ 3 VO).
Die §§ 1 bis 3 der VO finden keine Anwendung auf Arzneimittel, die seit dem 1.2.1987 von der Zulassungsbehörde zugelassen worden sind oder zugelassen werden und für die ein Beitrag jedes arzneilich wirksamen Bestandteils zur positiven Beurteilung des Arzneimittels ausreichend begründet ist. Die auf der Grundlage dieser Rechtsverordnung im September 2002 veröffentlichte Arzneimittelliste benannte bereits ca. 2.000 Präparate, die aus unterschiedlichen Gründen als unwirtschaftlich i. S. des Wirtschaftlichkeitsgebots der gesetzlichen Krankenversicherung bezeichnet werden. Das Volumen der erreichbaren Einsparungen wurde auf 62 Mio. EUR beziffert. Die Liste enthält Präparate, die für das Therapieziel oder zur Minderung von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten und mit anderen arzneilich wirksamen Bestandteilen kombiniert sind, z. B. Fertigarzneimittel, die die Kombination von Vitaminen mit Schmerzmitteln, von Vitaminen mit Rheumamitteln und die Kombination von Schleimlösern mit Hustenstillern enthalten. Weiterhin nennt die Präparateliste Medikamente, deren Wirkung wegen der Vielzahl der enthaltenen Wirkstoffe nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden kann oder deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist. Schließlich enthält die Liste Präparate, die einen oder mehrere Arzneistoffe mit nicht nachgewiesenem therapeutischen Nutzen enthalten.
Rz. 15a
Sah noch der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz – AMNOG, BT-Drs. 17/2413 S. 5) die komplette Aufhebung von § 34 Abs. 3 vor, so rückte der Gesetzgeber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder davon ab (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 14. Ausschusses, BT-Drs. 17/3698 S. 72). Die Ermächtigung des Bundesministeriums für Gesundheit zur Erstellung einer Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel ist aufgehoben worden. Der Ausschluss bestimmter Arzneimittel durch Rechtsverordnung wird in die Verordnungsausschlüsse durch die Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses überführt. Das betrifft allerdings nur Arzneimittel, die in Anlage 2 Nr. 2 bis 6 der Verordnung aufgeführt sind. Nur für diese Arzneimittel gilt einer Übergangsregelung, bis der Gemeinsame Bundesausschuss der ihm auferlegten Verpflichtung nachgekommen ist, die Verordnungsausschlüsse zu überprüfen. Der Gesetzgeber befürchtet offenbar, dass bei einer sofortigen vollständigen Aufhebung der Verordnung Arzneimittel wieder verordnungsfähig würden, die bisher durch die Verordnung wegen Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen waren und auch weiterhin unwirtschaftlich sind. Stattdessen gilt nun der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nr. 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.2....