Rz. 10
Die Festsetzung der Festbeträge war ursprünglich den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen überlassen (Abs. 2). Auch vor dieser Festsetzung waren die in Abs. 1 Satz 3 genannten Verbände wiederum anzuhören (Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3).
Rz. 11
Die Änderung der Norm durch das GMG hat zur Folge, dass die Festbeträge für Hilfsmittel zukünftig vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen einheitlich auf Bundesebene festzusetzen sind. Die Festbeträge sind erstmalig bis spätestens zum 31. Dezember 2004 festzusetzen. Bis dahin gelten die bisher auf Landesebene festgesetzten Festbeträge als Obergrenze weiter. Die Regelung beseitigt die bestehende Intransparenz für alle Beteiligten, die aufgrund der von Bundesland zu Bundesland in unterschiedlicher Höhe festgesetzten Festbeträge besteht. Durch die Festsetzung von einheitlichen Festbeträgen auf Bundesebene wird das Festsetzungsverfahren vereinfacht und die Möglichkeit zur Festsetzung von Festbeträgen auch für neue Hilfsmittelgruppen erleichtert. Der Gesetzgeber geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass Qualität und Wirtschaftlichkeit im Hilfsmittelbereich maßgeblich gestärkt werden (BT-Drs. 15/1525 S. 89).
Rz. 11a
Die durch das GKV-WSG erfolgte Änderung in Abs. 2 Satz 1 stellt klar, dass die festzusetzenden Festbeträge neben der Bereitstellung des Hilfsmittels ggf. noch weiter in diesem Zusammenhang erforderliche Leistungen umfassen. Ferner verweist Satz 2 auf die geänderten Beteiligungsvorschriften des Abs. 1 Satz 3. Satz 3 legt entsprechende Mitwirkungspflichten für die Festsetzung der Festbeträge sowie der Festbetragsgruppenbildung fest, um dabei Informationen berücksichtigen zu können, die nur von den Herstellern der Hilfsmittel und den Leistungserbringern geliefert werden können.
Rz. 12
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (gleichzeitig handelnd als GKV-Spitzenverband der Pflegekassen) hat nach Festsetzung der Festbeträge ein Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 anzulegen. Dieses Verzeichnis ist im BAnz zu veröffentlichen (§ 139 Abs. 1 Satz 2). In dem systematisch strukturierten Hilfsmittelverzeichnis sowie als Anlage dazu im Pflegehilfsmittelverzeichnis sind von der Leistungspflicht der Kranken- und Pflegekassen umfasste Hilfsmittel aufgeführt. Das Hilfsmittelverzeichnis gliedert sich in Anlehnung an das jeweilige Therapieziel in 33 unterschiedliche Produktgruppen. Das Pflegehilfsmittelverzeichnis besteht aus weiteren 6 Produktgruppen (https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home.action).
Das Hilfsmittelverzeichnis entfaltet keine unmittelbare rechtliche Wirkung zwischen Krankenkasse und Versichertem. Es dient in erster Linie der Information aller Beteiligten (Versicherte, Ärzte, Kassen, Leistungserbringer). Anders ist dies jedoch, wenn das Hilfsmittelverzeichnis von den Vertragsparteien zum Inhalt der Verträge nach § 127 gemacht worden ist. In diesem Fall hat der Leistungserbringer bzw. Hersteller keinen Anspruch gegen die Kasse für ein im Hilfsmittelverzeichnis nicht aufgeführtes Hilfsmittel.
Rz. 13
Die durch das GMG eingefügte uneingeschränkte Verweisung auf § 35 Abs. 5 (Abs. 3) bezieht sich (nur) auf die Sätze 1 bis 3 des § 35 Abs. 5. Ihr kommt für die in § 35 Abs. 5 angefügten Sätze 4 bis 6 keine Bedeutung zu, weil diese sich ausdrücklich auf Arzneimittel beziehen. Die Änderung von § 36 Abs. 3 bedeutet, dass die Festbeträge für Hilfsmittel – ebenso wie bei Arzneimitteln – mindestens einmal im Jahr zu überprüfen sind. Damit soll gewährleistet werden, dass die gegebenenfalls erforderliche Anpassung der Festbeträge an eine veränderte Marktlage innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen hat. Diese Ergänzung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das BSG § 35 Abs. 3 für verfassungswidrig hielt (Beschlüsse, 3 RK 20/94, u. a. v. 14.6.1995, NZS 1995 S. 502, 512; abweichend LSG NRW, Beschluss v. 14.11.1995, Breithaupt 1996 S. 343 = NZS 1996 S. 540). Das BSG hatte in drei Vorlagen seine Auffassung niedergelegt, dass die einschlägigen Vorschriften nicht mit dem GG in Einklang stehen. Die Verfahren betrafen Festbeträge für Arzneimittel (1 BvL 28/95), für Hörhilfen (1 BvL 29/95) und für Sehhilfen (1 BvL 30/95).
Das BVerfG hat hingegen die Verfassungsmäßigkeit des Festbetragsverfahrens bejaht und in seinem Urteil v. 17.12.2002 zur Festbetragskonzeption im Hilfsmittelbereich (BVerfGE 106 S. 275 = NJW 2003 S. 1232 = SozR 3-2500 § 35 Nr. 2) darauf hingewiesen, dass die Versorgung im Hilfsmittelsektor mit ausreichenden, zweckmäßigen und in der Qualität gesicherten Hilfsmitteln als Sachleistung gewährleistet sein muss und sich Versicherte auch bei Festbeträgen nicht mit Teilkostenerstattungen zufrieden geben müssen. Mit dem Festbetragsfestsetzungsverfahren sei ersichtlich keine Abkehr des Gesetzgebers vom Sachleistungsprinzip erfolgt. Der Gesetzgeber geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass der technische Fortschritt und die bestehenden Rationalisierungseffekte im Hilfsmittelbereich eine Überprüfung der festgesetzten Fest...