Rz. 3
Mit § 37a will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass schwer psychisch Kranke häufig nicht in der Lage sind, Leistungen, auf die an sich ein Anspruch besteht, selbstständig in Anspruch zu nehmen. Wiederkehrende stationäre Aufenthalte (so genannter Drehtüreffekt) sollen dadurch nach Möglichkeit vermieden werden. Die Leistung der Soziotherapie wird für schwer psychisch Kranke als neue Betreuungsleistung zur Vermeidung von Krankenhausbehandlung eingeführt. Damit sollen für die Patienten unnötige Krankenhausaufenthalte und die damit verbundenen Kosten der stationären Behandlung vermieden werden.
Motivierungsarbeit und strukturierte Trainingsmaßnahmen sollen dem Patienten helfen, psychosoziale Defizite abzubauen. Ziel ist die Akzeptanz der erforderlichen Leistungen und die künftige selbstständige Inanspruchnahme. Die Soziotherapie unterstützt einen Prozess, der dem Patienten einen besseren Zugang zu seiner Krankheit ermöglicht und Initiative, soziale Kontaktfähigkeit und Kompetenz fördert.
Der Anspruch auf Soziotherapie setzt einen vom Vertragsarzt unter Beteiligung des Leistungserbringers der Soziotherapie (vgl. § 132b SGB V) und des Patienten erarbeiteten Behandlungsplan bzw. Betreuungsplan voraus, der verschiedene Behandlungselemente (z. B. Heilmittel, häusliche Krankenpflege etc.) zu einer Komplexleistung zusammenfasst. Die einzelnen Behandlungselemente werden wie bisher nach den entsprechenden leistungsrechtlichen Vorschriften von den zuständigen Leistungsträgern erbracht. Der Anspruch auf Soziotherapie umfasst die Koordination der im Rahmen des Behandlungsplans zur Verfügung gestellten Hilfsangebote sowie die Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme der Leistungen mit dem Ziel der selbstständigen Inanspruchnahme der Leistungen. Die Leistung ist zeitlich befristet auf maximal 120 Stunden innerhalb von 3 Jahren bei derselben Erkrankung (vgl. BT-Drs. 14/1245 S. 66).
Rz. 3a
In dem Evaluationsbericht "Ursachen für die Umsetzungsproblematiken in der Soziotherapie" des Gemeinsamen Bundesausschusses v. 17.1.2008 wird die Umsetzung der gesetzgeberischen Zielsetzung kritisch hinterfragt. Nach der Auswertung aufgrund von Angaben der Krankenkassen wurden mehr Anträge auf Soziotherapie genehmigt als abgelehnt, wobei insgesamt die Zahlen auf ein geringes Leistungsgeschehen hindeuteten. Die häufigsten Gründe für eine Ablehnung waren Verordnungen bei einer Diagnose, die nicht den Soziotherapie-Richtlinien entsprach und unvollständige Antragsunterlagen enthielt. Auffällig war dabei, dass bei der Zielgruppe Hausärzte die Leistung Soziotherapie und deren Verordnungsfähigkeit großenteils unbekannt waren. Wenn Soziotherapie nicht verordnet wurde oder nicht zu Stande kam, war dies zum großen Teil mangels Leistungserbringer vor Ort der Fall. Verbesserungsbedarf wurde vor allem in der Zusammenarbeit mit den Nervenärzten/Psychiatern sowie den Krankenkassen gesehen (S. 10 f.).