Rz. 10
Die Ordnungswidrigkeiten gemäß Abs. 2 bestehen in der Verletzung von Melde-, Auskunfts- und Vorlagepflichten Dritter, auf die die Krankenkassen zur Durchführung ihrer Aufgaben als Träger der Krankenversicherung angewiesen sind. Die Tatbestände der verfolgbaren Ordnungswidrigkeiten sind abschließend aufgezählt. Die Verletzung anderer Mitteilungspflichten (z. B. die Meldepflicht nach §§ 199, 202) ist nicht mit Bußgeld bedroht. Die Krankenkassen können die Bußgeldtatbestände auch nicht durch die Satzung ausweiten.
2.2.1 Meldepflichten (Nr. 1)
Rz. 11
Der Arbeitgeber hat bei versicherungspflichtig Beschäftigten
- Wehr- oder Zivildienst,
- einer Wehrübung oder
- einer gleichgestellten Dienstleistung oder Übung nach §§ 59ff. SG
deren Beginn und Ende zu melden (§ 204).
Rz. 12
Sonstige Versicherte (ohne arbeitslose Versicherte; z. B. freiwillig Versicherte) erstatten die Meldung über Wehr- oder Zivildienst selbst (§ 204 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1).
Rz. 13
Durch das Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG 2011) v. 28.4.2011 (BGBl. I S. 678) ist die allgemeine Wehrpflicht vom 1.7.2011 an bis zum Eintritt des Verteidigungsfalles ausgesetzt worden (ebenso: Zivildienst, § 1a Abs. 1 ZDG). Die Vorschrift ist aber weiterhin bedeutsam, weil sie auch auf den freiwilligen Wehrdienst anzuwenden ist.
Rz. 14
Versicherungspflichtige Bezieher von Arbeitseinkommen melden dessen Beginn und Höhe sowie ggf. Veränderungen (§ 205 Nr. 3).
Rz. 15
Der Verantwortliche einer Zahlstelle von Versorgungsbezügen hat bei der erstmaligen Bewilligung sowie bei einem Kassenwechsel des Versorgungsempfängers die zuständige Krankenkasse zu ermitteln und dieser Beginn, Höhe, Veränderungen und Ende der Versorgungsbezüge unverzüglich mitzuteilen (§ 202 Abs. 1 Satz 1).
Rz. 16
Verletzt sind die Meldepflichten, wenn diese gar nicht, inhaltlich unrichtig (z. B. falscher Beginn und falsches Ende von Wehr- oder Zivildienst, unrichtige Höhe der Versorgungsbezüge oder des Arbeitseinkommens), unvollständig oder nicht unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, abgegeben werden.
2.2.2 Auskunftspflicht (Nr. 2)
Rz. 17
Versicherte und potenzielle Versicherte (z. B. aufgrund ausgeübten Wahlrechts) haben der Krankenkasse
- auf Verlangen über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und für die Durchführung der der Krankenkasse übertragenen Aufgaben erforderlichen Tatsachen unverzüglich Auskunft zu erteilen und
- Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen
(§ 206 Abs. 1 Satz 1).
Rz. 18
Verletzt sind die Auskunfts- und Mitteilungspflichten, wenn der Versicherte diesen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig (unverzüglich) nachkommt.
2.2.3 Vorlagepflicht (Nr. 3)
Rz. 19
Versicherte und potenzielle Versicherte haben der Krankenkasse auf deren Verlangen Unterlagen in den Geschäftsräumen der Krankenkasse vorzulegen, aus denen die das Versicherungsverhältnis oder seine Veränderungen betreffenden Tatsachen hervorgehen (§ 206 Abs. 1 Satz 2).
Rz. 20
Die Vorlagepflicht ist verletzt, wenn die Unterlagen
- nicht oder nicht vollständig oder
- nicht innerhalb einer durch die Krankenkasse gesetzten Frist oder ohne Fristsetzung nicht unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern)
vorgelegt werden.
2.2.4 Verschulden
Rz. 21
Die Ordnungswidrigkeit setzt neben dem objektiven Tatbestand der Nichterfüllung der Melde-, Auskunfts- und Vorlagepflichten subjektives Verschulden in Form von Vorsatz oder Leichtfertigkeit voraus. Diese Verschuldensmerkmale sind nachträglich mit Wirkung zum 1.1.1990 eingefügt worden (Rz. 1). Die Notwendigkeit eines subjektiven Verschuldens ergibt sich bereits aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 10 OWiG). Danach kann aber nur das vorsätzliche Verhalten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Durch die Ergänzung der Norm ist auch die leichtfertige Verletzung von Mitteilungspflichten eine Ordnungswidrigkeit.
Rz. 22
Vorsätzlich handelt, wer einen Rechtsverstoß, hier das Unterlassen der Mitteilung oder das Nichtreagieren auf eine Anforderung, mit Absicht und sicherem Wissen begeht (direkter Vorsatz) oder ihn bewusst (billigend) in Kauf nimmt (bedingter Vorsatz). Vorsätzliches Verhalten wird daher immer dann vorliegen, wenn auf eine konkrete Aufforderung der Krankenkasse zur Meldung, Auskunft oder Vorlage nicht reagiert wird.
Rz. 23
Leichtfertig handelt, wer die verkehrserforderliche Sorgfaltspflicht in besonders schwerem, ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Eine solche Sorgfaltspflichtverletzung liegt vor, wenn das, was unter den gegebenen Umständen jedem klar sein müsste, nicht beachtet wird, weil ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden. Diesem Begriff der Leichtfertigkeit entspricht die grobe Fahrlässigkeit im Zivilrecht. Leichtfertigkeit liegt zumindest dann vor, wenn auf die Bedeutung bestimmter Informationen und Meldepflichten, z. B. in allgemeinen Informationsbroschüren oder Hinweisen in Merkblättern, hingewiesen wird, der Meldepflichtige diese Hin...