Rz. 11
Nach § 44a Satz 1 besteht ein Anspruch auf Krankengeld, wenn
- ein Mensch Organe, Gewebe oder Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 27 Abs. 1a Satz 1 spendet (Rz. 12),
- die Spende diesen Spender arbeitsunfähig macht (Rz. 13 f.) und
- der Empfänger der Spende ein bei einer gesetzlichen Krankenkasse Versicherter ist (Rz. 14 ff.).
Nachstehend werden die einzelnen Voraussetzungen für den Krankengeldanspruch erläutert:
2.1.1 Spender i. S. d. § 44a
Rz. 12
Gemäß § 27 Abs. 1a Satz 1 haben Spender von
- Körperorganen (wie z. B. Herz, Lunge, Leber, Augen und Magen, Bauchspeicheldrüse und Darm) oder
- Körpergeweben (wie z. B. Haut, Sehnen, Gelenke, Bänder, Blutgefäße und Muskeln) oder
- Blut zur Separation von Blutstammzellen (z. B. Knochenmarkentnahme) oder anderen Blutbestandteilen (rote Blutkörperchen – Erythrozyten –, Blutplättchen – Thrombozyten – oder weiße Blutkörperchen – Leukozyten -)
Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung, wenn diese Spende einem Dritten zugutekommen soll und die Spende
- nach den §§ 8 und 8a Transplantationsgesetz (TPG; regelt u. a. die Voraussetzungen für die Spende, Entnahme, Vermittlung und Übertragung von Körperorganen oder -geweben) oder
- im Zusammenhang mit § 9 Transfusionsgesetz (TFG; regelt u. a. das Verfahren für die Gewinnung von Blut, Blutbestandteilen und Blutprodukten sowie deren Anwendung am Menschen bei Bluttransfusionen)
durchgeführt wird.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann der Lebendspender ab Beginn einer spendenbedingten Arbeitsunfähigkeit Krankengeld nach § 44a beanspruchen.
Als Spende im vorgenannten Sinne gilt nicht
- die reine Spende von Blut oder Blutplasma,
- die Entnahme von Körperorganen, -gewebe oder Blut bzw. Blutbestandteilen, die dem Spender wieder rückübertragen werden (weil die Spende nicht einem Anderen zugutekommt), und
- die Gewinnung von menschlichen Samenzellen
(vgl. Abschnitt 1 des Gemeinsamen Rundschreibens des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkasse auf Bundesebene v. 25.9.2015 – Stand v. 7.9.2022 – zu den leistungsrechtlichen Ansprüchen bei einer Spende von Organen, Geweben oder Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen, Fundstelle Rz. 82).
2.1.2 Eintritt von Arbeitsunfähigkeit aus Anlass der Spende
Rz. 13
Der Spender kann das Krankengeld nach § 44a nur beanspruchen, wenn er seine Erwerbstätigkeit infolge der Auswirkungen der Spende nicht mehr ausüben kann – also "spendenbedingt arbeitsunfähig" ist. Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (Fundstelle: Rz. 82) ist durch die Ergänzung des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 auch im Rahmen des § 44a zu berücksichtigen. Anstelle der Verhinderung an der Arbeitsleistung wegen Krankheit tritt die Verhinderung an der Arbeitsleistung wegen der Spende. Das bedeutet: Nach § 2 Abs. 1 i. V. m. Abs. 8 der AU-Richtlinie ist auch derjenige arbeitsunfähig, der wegen der Folgen der beabsichtigten oder durchgeführten Lebendspende seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Gesundheit ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Eine Arbeitsunfähigkeit liegt auch dann vor, wenn der Erwerbstätige noch bestimmte Aufgaben seiner Tätigkeit ausüben, jedoch nicht mehr die volle Arbeitsleistung erbringen kann.
Ursächlich für eine Arbeitsunfähigkeit aus Anlass einer Spende im oben erwähnten Sinne ist auch eine Arbeitsunfähigkeit wegen Spätschäden, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt als Aus- oder Nachwirkung der Spende selbst oder des aus ihr resultierenden erhöhten Gesundheitsrisikos des Betroffenen entwickeln (schicksalhafte Entwicklung). Dies gilt insbesondere für die Folgen, die sich aus dem Fehlen des gespendeten Organs ergeben (SG Detmold, Urteil v. 29.1.2016, S 24 KR 314/13). Allerdings ist dann kein Krankengeld i. S. d. § 44a, sondern Verletztengeld zulasten der Unfallversicherung zu zahlen (vgl. Rz. 63).
Rz. 14
Entsteht ausnahmsweise im Zusammenhang mit einer spendenbedingten Untersuchung ein Verdienstausfall, ohne dass diese Untersuchung selbst eine Arbeitsunfähigkeit begründet (z. B. stundenweiser Lohnausfall wegen einer planbaren medizinischen Voruntersuchung), besteht kein Anspruch auf Krankengeld nach § 44a. Zu begründen ist das nach Auffassung des Autors mit dem Hinweis in § 27 Abs. 1a Satz 2: Danach haben Spender gemäß § 44a Anspruch auf "Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld", (nur) wenn sie arbeitsunfähig sind. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass das Spender-Krankengeld auch bei Arbeitseinkunftsausfällen wegen Untersuchungen gezahlt wird, die letztendlich keine Arbeitsunfähigkeit begründen (z. B. Blutentnahme bei einem potenziellen Spender zwecks Testung seiner Geeignetheit für eine Organspende), hätte er einen deutlichen Hinweis in § 44a aufnehmen müssen.
2.1.3 Versicherungsverhältnis des Spendenempfängers
Rz. 15
Die Spende wird der Krankenbehandlung des Spendenempfängers zugeordnet. Bei dem Spender-Krankengeld handelt es sich somit um eine Nebenleistung der Hauptleistu...