Rz. 192
In der Nr. 10 werden 3 verschiedene Personengruppen von Krankenversicherungspflichtigen zusammengefasst, die nur wenige Gemeinsamkeiten aufweisen. Es handelt sich einerseits um Praktikanten, die für den Zugang oder den Abschluss eines Studiums eine berufspraktische Tätigkeit ausüben und daher eher den Studenten nach Abs. 1 Nr. 9 zuzuordnen wären. Personen, die zur Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt (Ausbildungsvergütung) tätig sind, gehören nach der Definition eher zu den Beschäftigten des Abs. 1 Nr. 1. In der Rentenversicherung sind diese Personen daher den Beschäftigten nach § 1 SGB VI zugeordnet. Bei den Auszubildenden des Zweiten Bildungsweges (ZBW) handelt es sich um Schüler an einer besonderen allgemeinbildenden Schule. Die Anordnung der Krankenversicherungspflicht für diese 3 Personengruppen beruht erkennbar auf der Absicht, für diesen Personenkreis einen preisgünstigen Krankenversicherungsschutz (§§ 236, 245) zu ermöglichen, wenn nicht oder nicht mehr die Möglichkeit einer Familienversicherung besteht. Daher sind diese Versicherungspflichten auch nachrangig gegenüber einer Familienversicherung (Abs. 7).
2.2.11.1 Praktikanten
Rz. 193
Die Versicherungspflicht von Praktikanten war durch das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten v. 24.6.1975 (BGBl. I. S. 1536) eingeführt worden (§ 165 Abs. 1 Nr. 6 RVO) und war zunächst unverändert in Abs. 1 Nr. 10 übernommen worden. Mit der Anordnung der Versicherungspflicht für diesen Personenkreis wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es sich bei diesen Tätigkeiten um notwendige Voraussetzungen für den Beginn oder den Abschluss des wissenschaftlichen Studiums handelt, für die die KVdS wegen fehlender Immatrikulation noch nicht (Vorpraktikum) oder nicht mehr (Nachpraktikum) besteht, um damit Lücken im Krankenversicherungsschutz zu vermeiden. Wird das Praktikum während des Studiums abgeleistet (Zwischenpraktikum), bleibt die KVdS vorrangig (Abs. 7 Satz 2). Durch Art. 1 Nr. 2 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 ist die Versicherungspflicht von Praktikanten nach Nr. 10 ab dem 1.1.2000 davon abhängig gemacht worden, dass dieses Praktikum "ohne Arbeitsentgelt" stattfindet. Ein Praktikum, welches gegen Entgelt erfolgt, führt zur Krankenversicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 1, wenn in dieser Zeit nicht eine Einschreibung als Student und damit Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 vorliegt.
Rz. 194
Der Personenkreis der versicherungspflichtigen Praktikanten wird in der Krankenversicherung durch die Voraussetzung einer berufspraktischen Tätigkeit, die in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, bestimmt und begrenzt. Die berufspraktische Tätigkeit muss daher als weitere Zugangsvoraussetzung zu einem Studiengang oder dessen Abschluss bedingt und bestimmt sein. Für den Begriff des Praktikums fehlt eine gesetzliche Definition. Praktikanten sind solche Personen, die sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung i. S. des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt, unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses (so z. B. BAG, Urteil v. 13.3.2003, 6 AZR 564/01; BSG, Urteil v. 3.2.1994, 12 RK 78/92). Nicht zur Krankenversicherungspflicht als Praktikant nach Abs. 1 Nr. 10 führen daher nicht vorgeschriebene Praktika, als "Praktikum" bezeichnete und diesem ähnliche Tätigkeiten, auch wenn sie sich für das Studium und/oder die daraus folgende spätere Berufstätigkeit als nützlich erweisen und sinnvoll sind. Desgleichen gehören als Praktikum bezeichnete Tätigkeiten, die nach abgeschlossenem Studium für die Berufszulassung erforderlich sind, z. B. früher die Tätigkeit als Arzt im Praktikum, nicht zur Versicherungspflicht als Praktikant. (Zur nur Rentenversicherungspflicht von Rechtspraktikanten in der Einstufigen Juristenausbildung vgl. Komm. zu § 1 SGB VI.)
Rz. 195
Die berufspraktische Tätigkeit muss zwar in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben sein, es ist jedoch nicht erforderlich, dass es sich dabei um gesetzliche Vorschriften oder autonomes Recht staatlicher oder staatlich anerkannter Hochschulen handeln muss. Dies gibt weder der Wortlaut noch die Systematik her, da insoweit die Versicherungspflicht nach den Nr. 9 und 10 voneinander unabhängige Tatbestände darstellen. Sofern es sich aber um staatliche oder staatlich anerkannte Hochschulen handelt, lässt sich die Nahtlosigkeit zwischen diesen beiden Tatbeständen besser herstellen. Ein zur Versicherungspflicht führendes Praktikum kommt daher überhaupt nur für Personen in Betracht, die schon die Zugangsvoraussetzungen für ein Studium erfüllen. Andererseits kann ein Versicherungspflicht begründendes Praktikum dann nicht mehr vorliegen, wenn das Studium bereits abgeschlossen ist. Die Krankenversicherung...