Rz. 70
Mit Abs. 5a, auf den es in Abs. 1 Nr. 2a keinen Vorbehalt oder Hinweis gibt, werden seit dem 1.1.2009 Ausschlussgründe für die Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 2a genannt. Aufgrund des Satzes 2 des Abs. 5a gilt dieser Ausschluss für alle Fälle, in denen ALG II/Bürgergeld ab dem 1.1.2009 neu beantragt wird. Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3100 S. 94 f.) hatte zu dieser Regelung ausgeführt, dass es sich um eine Folgeänderung zur Neuordnung des Verhältnisses von gesetzlicher und privater Krankenversicherung durch dieses Gesetz (GKV-WSG) handelt. Da die privaten Krankenversicherungen künftig einen bezahlbaren Basistarif im Umfang des Leistungsangebots der gesetzlichen Krankenversicherung für Personen anbieten müssen, die privat krankenversichert sind oder sein können, erscheint es nicht länger erforderlich, Bürgergeld-Bezieher auch dann in die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung einzubeziehen, wenn sie unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert waren. Gleiches gilt für die Personen, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und als hauptberuflich selbständig Erwerbstätige oder als versicherungsfreie Personen zu dem Personenkreis gehören, der grundsätzlich der privaten Krankenversicherung zuzuordnen ist.
Rz. 71
Die Regelung schloss, Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b vergleichbar, 2 Personengruppen von der Krankenversicherungspflicht als Bezieher von Bürgergeld aus. Dies waren einmal die Personen, die unmittelbar vor dem Bezug von ALG II privat krankenversichert waren oder die weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und zu den in Abs. 5 oder § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personenkreisen gehören. Die letzte Voraussetzung galt und gilt auch, wenn die betreffenden Personen zu diesem Personenkreis gehört hätten, wenn sie zuvor im Inland beschäftigt gewesen wären, was insbesondere Personen betrifft, die aus dem Ausland zurückkehren oder erstmals ins Inland einwandern.
Rz. 72
Was die Voraussetzung der unmittelbar vorherigen Privatversicherung betrifft, war an sich davon auszugehen, dass damit auch die Personen erfasst werden sollten, die sich entgegen der gesetzlichen Verpflichtung aus § 193 Abs. 3 VVG tatsächlich nicht privat versichert hatten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.8.2010, L 16 KR 329/10 B ER). Dieser Auffassung ist das BSG (Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 11/11 R) nicht gefolgt. Aus der Formulierung "unmittelbar vorher" in Abs. 5a bzw. "zuletzt" in § 5 Abs. 1 Nr. 13 hat es gefolgert, dass damit unmittelbar vorher auch tatsächlich ein vorheriger privater Krankenversicherungsschutz bestanden haben muss. Der Verstoß gegen die Verpflichtung zum Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrages nach § 193 Abs. 3 VVG könne nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung bewirken, dass der Tatbestand des Abs. 1 Nr. 2a ausgeschlossen werde.
Als Reaktion auf diese Entscheidung ist mit dem GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz – GKV-FQWG mit Wirkung zum 25.7.2014 das Wort "unmittelbar" durch "zuletzt" ersetzt worden. Zur Begründung ist in BT-Drs. 18/1657 S. 66/67 ausgeführt:
"Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Ausnahme gilt nach § 5 Abs. 5a für Personen, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert waren bzw. für diejenigen, die nicht versichert, aber als Selbständige bzw. versicherungsfreie Personen der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind. Die Ausschlussregelung ist im Jahr 2009 im Zuge der Neuordnung des Verhältnisses von gesetzlicher und privater Krankenversicherung durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eingeführt worden und dient dem Ziel, eine gleichmäßigere Lastenverteilung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu gewährleisten. Die Regelung will eine Systemkontinuität nach folgendem Grundsatz sicherstellen: Dem Versicherungssystem, dem ein ALG II Bezieher vor dem Leistungsbezug zugehörig bzw. zuzuordnen war, soll er auch während des Leistungsbezugs angehören. Entsprechend diesem Gesetzeszweck ist § 5 Abs. 5a in der Verwaltungspraxis nach einhelliger Auffassung weit ausgelegt worden. Dieser weiten Auslegung haben sich alle zuständigen Aufsichtsbehörden angeschlossen. Danach werden durch die Ausschlussregelung auch Personen erfasst, deren "letzte" Versicherung eine private Krankenversicherung war, auch wenn dieses Versicherungsverhältnis u. U. zeitlich länger zurückliegt. Dies betrifft insbesondere Personen, die zwar unmittelbar vor dem Bezug von ALG II nicht privat krankenversichert waren, aber nach der gesetzlichen Abgrenzung der Krankenversicherungssysteme (§ 193 Abs. 3 des VVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) der Pflicht zur Versicherung in der privaten Krankenversicherung unterlagen und dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind. Würden diese Personen während des ALG II-Bezugs in der gesetzlichen Krankenversich...