0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 378) hat die Vorschrift vollkommen neu gestaltet und den Tarifspielraum der gesetzlichen Krankenkassen erweitert. Abs. 1 bis 5, 8 und 9 sind am 1.4.2007, die Abs. 6 und 7 am 1.1.2009 in Kraft getreten. Durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften v. 17.7.2009 (BGBl. I S. 1990) wurden zum 1.8.2009 Abs. 6 Satz 1 neu gefasst, Abs. 6 Satz 2 eingefügt und Abs. 6 Satz 3 geändert sowie Abs. 6 Satz 4 bis 7 angefügt. Eine weitere Änderung brachte das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) v. 22.12.2010 (BGBl. I S. 2309), indem es mit Wirkung zum 2.1.2011 Abs. 4 Satz 3 änderte sowie zum 1.1.2011 Abs. 8 Satz 1 und 2 und Abs. 9 neu gefasst hat.
Das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung v. 15.7.2013 (BGBl. I S. 2423) hat zum 1.8.2013 in Abs. 9 einen neuen Satz 2 eingefügt und die bisherigen Sätze 2, 3 in Sätze 3, 4 umbenannt, um das Verbot der Quersubventionierung zu verdeutlichen.
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz – GKV-FQWG) v. 21.7.2014 (BGBl. I S. 1133) streicht zum 1.1.2015 in Abs. 8 Satz 4 die Wörter "einschließlich Prämienzahlungen nach § 242". Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Abschaffung der Prämienzahlung nach § 242 Abs. 2 a. F.
Das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) v. 16.7.2015 (BGBl. I S. 1211) hat zum 23.7.2015 in Abs. 3 Satz 1 die Angabe "§ 73c," gestrichen. Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Bündelung der Vertragskompetenzen der Krankenkassen in § 140a.
Rz. 1a
Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG) v. 6.5.2019 (BGBl. I S. 646) änderte die Norm zum 11.5.2019. Dem Abs. 3 wurden die Sätze 3 bis 6 angefügt, um Versicherte an Effizienzgewinnen zu beteiligen, wenn sie in Wahltarifen für die Teilnahme an einer hausarztzentrierten Versorgung (HzV) eingeschrieben sind. Abs. 5 wurde aufgehoben, weil für den Wahltarif zur Übernahme der Kosten für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen kein ausreichender Bedarf besteht. Abs. 8 Satz 1 wurde redaktionell an den gestrichenen Abs. 5 angepasst.
Rz. 1b
Das Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) v. 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789) hat mit Wirkung zum 1.1.2021 in Abs. 8 Satz 2 die Wörter "§ 175 Absatz 4 Satz 5" durch die Wörter "§ 175 Absatz 4 Satz 6" ersetzt. Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung zur Änderung des § 175.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die gesetzlichen Krankenkassen können ihren Versicherten seit dem 1.4.2007 Wahltarife anbieten, die teilweise der privaten Krankenversicherung entlehnt sind (BT-Drs. 16/3100 S. 108). Damit hat der Gesetzgeber die Wahlfreiheit für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung erhöht und ihnen umfangreiche neue Rechte im Rahmen der Tarifgestaltung eingeräumt. Er sieht darin eine wichtige Voraussetzung für mehr Transparenz und Wettbewerb zwischen den Krankenkassen (vgl. Begründung in BT-Drs. 16/3100 S. 108). Bei den Wahltarifen handelt es sich zum einen um Tarife, mit denen der gesetzliche Leistungsanspruch aufgestockt werden kann, zum anderen um Tarife, die Prämien für die fehlende oder eine geringere Inanspruchnahme von Leistungen vorsehen. Wahltarife dürfen nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung eingeführt und angeboten werden (BSG, Urteil v. 30.7.2019, B 1 KR 34/18 R). Bei der Bewerbung von Wahltarifen darf der Aufgabenkreis einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht überschritten werden (BSG, Urteil v. 30.7.2019, B 1 KR 16/18 R; Rabatte bei ausgewählten Vorteilspartnern).
Die Norm enthält zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten über Wahltarife, die von den Versicherten individuell gewählt werden können:
- Selbstbehalt (Abs. 1),
- Prämienzahlungen bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen (Abs. 2),
- Wahltarif für besondere Versorgungsformen (Abs. 3),
- variable Kostenerstattung (Abs. 4),
- Kostenübernahme von Arzneimitteln für besondere Therapierichtungen (Abs. 5; zum 11.5.2019 aufgehoben),
- Tarife zum Krankengeldanspruch (Abs. 6) sowie
- Tarife zum eingeschränkten Leistungsanspruch für bestimmte Mitgliedergruppen (Abs. 7).
In Abs. 8 sind Mindestbindungsfristen, Kündigung und die Höhe der Prämienzahlungen festgelegt, während Abs. 9 die Finanzierung der Wahltarife und die Rechenschaftslegung gegenüber der Aufsichtsbehörde regelt.
Für die neuen Wahltarife laufen keine Fristen. Die Versicherten können sich zum Beginn der Versicherung oder einem späteren Zeitpunkt dafür oder dagegen entscheiden.
Die Wahlentscheidung des Mitglieds stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar, bei der es si...