Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 3
Der Bund hat nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz, die vertragsärztliche in einen hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereich zu gliedern. Eine solche Regelung gehört der Sache nach zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Aufteilung in eine hausärztliche und fachärztliche Versorgung konkretisiert die abrechenbaren ärztlichen Leistungen an die Versicherten im ambulanten Bereich. Die Argumente, die von einer Kompetenzwidrigkeit des § 73 Abs. 1a und § 95a ausgehen, berücksichtigen nicht die selbständige Bedeutung der Sozialversicherung, in der eigenständige Regelungen auf Grundlage ihres Auftrags jederzeit möglich sind (BVerfG, Urteil v. 17.6.1999, 1 BvR 2507/97; vgl. auch BSG, Urteil v. 13.2.2019, B 6 KA 62/17 R).
Die Trennung der Versorgungsbereiche ist vom BVerfG in der Sache nach als mit Art. 12 Abs. I GG vereinbar angesehen worden. Es hat in der zitierten Entscheidung auch ausgeführt: Heranzuziehen sind die für eine Berufsausübungsregelung geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe. Die Aufgliederung des hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereichs dient dem Gemeinwohl. Durch die Neuordnung werden gesundheitspolitische Ziele der Qualitätsverbesserung für die Versicherten (vgl. dazu auch Wenner, NZS 2002 S. 1; Warner, in: BeckOK Sozialrecht, SGB V, § 73 Rz. 3f) und ebenfalls finanzpolitische Ziele der Kostendämpfung angestrebt. Bei der Ausgestaltung der Krankenversicherung sind sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam, noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind. Auch die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ist als Gemeinwohlaufgabe von hoher Bedeutung anzusehen. Dies gilt auch und gerade gegenüber den Leistungserbringern innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, denen durch die Einbeziehung in das öffentlich rechtliche System des Vertragsarztrechtes besondere Vorteile erwachsen.
Die mittelbar angegriffenen Regelungen genügen auch im Übrigen den Anforderungen, die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit resultieren. Sie sind zur Umsetzung der gesundheits- und finanzpolitischen Ziele geeignet und erforderlich. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe ist vor allem im Hinblick auf die langen Übergangsfristen die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschritten.