Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 83
Abs. 5 Satz 1 HS 2 schreibt mit Wirkung zum 1.4.2014 vor, dass in den Verträgen, die nach dem 31.3.2014 zustande kommen, über die übrigen Vertragsgegenstände hinaus (vgl. "zudem") Wirtschaftlichkeitskriterien, Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie solche Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren sind, die über die allgemeine hausärztliche Qualitätssicherung hinausgehen. Die Einfügung des HS 2 steht dabei im Zusammenhang mit der Aufhebung des Abs. 5a, der für neue Versorgungsverträge die durch die Anbindung an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität bisher bestehende Vergütungsbeschränkung beseitigt hat. Die Einführung von Wirtschaftlichkeitskriterien, von Maßnahmen bei Nichteinhaltung dieser Kriterien sowie von höherwertigen Qualitätssicherungsmaßnahmen ist für die Vertragspartner bindend (vgl. "sind zu vereinbaren").
Zu den Verträgen, die nach dem 31.3.2014 zustande kommen, gehören auch solche, die nach diesem Datum aufgrund einer Kündigung oder während der Laufzeit einvernehmlich geändert worden sind. Eine Vertragsänderung oder Vertragsergänzung bewirkt rechtlich, dass ein neuer Vertrag zustande gekommen ist, sodass die Inhalte des Abs. 5 Satz 1 HS 2 in jedem neuen Vertrag über die HzV umzusetzen sind.
Was Wirtschaftlichkeitskriterien sind und welche konkreten Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien in Betracht kommen, haben die Vertragspartner zu regeln. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu lediglich, dass es den Vertragspartnern obliegt, anhand geeigneter objektiver Indikatoren eine Vereinbarung für eine spezifische Ausgestaltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots nach §§ 2, 12 und 70 SGB V für den jeweiligen Versorgungsvertrag zu treffen. Der Hinweis auf das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot besagt laut der Gesetzesbegründung, dass der Vertrag insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot zu entsprechen hat, sodass z. B. Mehrausgaben im ambulanten Behandlungsbereich auch über dadurch bedingte Minderausgaben im stationären Versorgungsbereich ausgeglichen werden können. Wenn es im Rahmen der HzV z. B. gelingen sollte, die nicht selten unnötigen und damit unwirtschaftlichen Antibiotikaverordnungen bei leichten Krankheitsfällen zu vermeiden, würde auch das dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen, gleichzeitig der Behandlungsqualität dienen sowie einer sich entwickelnden gefährlichen Antibiotikaresistenz in der Bevölkerung entgegenwirken.
Der Vereinbarung der Wirtschaftlichkeitskriterien sowie der Maßnahmen bei Nichteinhaltung der Wirtschaftlichkeitskriterien können sich die Vertragspartner schon deshalb nicht entziehen, weil der zustande gekommene Vertrag der Aufsichtsbehörde vorzulegen ist (vgl. Abs. 9), die den Vertrag innerhalb von 2 Monaten zu beanstanden hätte, wenn diese gesetzlichen Vorgaben im Vertrag nicht umgesetzt wären.
Rz. 84
Im Versorgungsvertrag zwischen dem Hausärzteverband Nordrhein e. V. und der AOK Rheinland/Hamburg sind zunächst 3 Wirtschaftlichkeitsziele beschrieben, die sich auf die wirtschaftliche Arzneimittelversorgung, die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und die Verordnung von Hilfsmitteln beziehen.
Bei den Arzneimittelverordnungen geht es darum, dass die qualifizierten Hausärzte über ihre Verordnungen eine sowohl qualitätsgesicherte und bedarfsgerechte als auch wirtschaftliche Arzneimittelversorgung vornehmen, die sich an den medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert und den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses entspricht. Dies ist für sie nicht neu, sind sie doch bereits als zugelassenen Vertragsärzte an die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses gebunden. Um eine qualifizierte und wirtschaftliche Arzneimittelversorgung zu erreichen, sind nach dem Vertrag über die HzV u. a. die zur Weiterentwicklung des Arzneivolumens durchgeführte Arzneimittelstudie und die dort aufgezeigten Einsparpotentiale, insbesondere im Bereich Generika und Me-too-Präparate maßgeblich.
Zur Ausschöpfung der Wirtschaftlichkeitspotenziale stellt der qualifizierte Hausarzt sicher, dass
- die in der jeweiligen Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen zwischen der KV Nordrhein und den jeweiligen Krankenkassen/Verbänden für Hausärzte festgelegten Wirtschaftlichkeits- und Verordnungsziele erreicht werden;
- bei der Verordnung von Generika nach Möglichkeit Generika aus dem unteren Preissegment des jeweiligen Wirkstoffmarktes genutzt werden und dabei von der Krankenkasse geschlossene Rabattverträge mit Generika-Anbietern berücksichtigt werden;
- die Versicherten über die wirtschaftliche Nutzung von Arzneimitteln, insbesondere der rabattierten Arzneimittel aufgeklärt werden.
Ein weiteres Wirtschaftlichkeitsziel bezieht sich auf die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten. Hier ist der qualifizierte Hausarzt verpflichtet, bei der Verordnung dieser Leistungen die dazu ergangenen Richtlinie...