Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 100
Der neu gefasste Abs. 7 verpflichtet mit Wirkung zum 23.7.2015 die Partner der Gesamtverträge, also die KV einerseits und den zuständigen Landesverband der Krankenkassen, die einzelne Ersatzkassen über einen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis (vgl. § 212 Abs. 5) oder die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (vgl. § 83) andererseits, den Behandlungsbedarf (vgl. § 87a Abs. 3 Satz 2) zu bereinigen. Die rechtliche Verpflichtung ergibt sich aus den Worten "haben … zu bereinigen" in Abs. 7 Satz 1.
Landesverbände der Krankenkassen sind nach § 207 für die Ortskrankenkassen, die Betriebskrankenkassen und die Innungskrankenkassen in jedem Bundesland bzw. in Nordrhein-Westfalen für die Landesteile Nordrhein und Westfalen-Lippe gebildet. Da in jedem Bundesland nur noch eine bzw. in Nordrhein-Westfalen zwei Ortskrankenkassen bestehen, bildet die Ortskrankenkasse (bzw. sind in Nordrhein-Westfalen die Ortskrankenkassen) gleichzeitig den jeweiligen Landesverband der Ortskrankenkassen, der mit der KV die Bereinigung durchführt. Die Landesverbände der Betriebskrankenkassen erstrecken sich inzwischen über mehrere Bundesländer, sind aber Gesamtvertragspartner der jeweiligen KV in einem Bundesland. Die einzelne Betriebs- oder Innungskrankenkasse hat einen sogar schiedsamtsfähigen Rechtsanspruch (vgl. Abs. 7 Satz 4) darauf, dass die für sie zuständigen Gesamtvertragspartner, die KV und der jeweilige Landesverband, die Bereinigung der Gesamtvergütung zeitnah durchführen.
Rz. 101
Die Bereinigung erfolgt nach Abs. 7 Satz 2 rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Quartal eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der HzV nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Abs. 5 Satz 7. Grundlage der Bereinigung ist also das Quartal, was eine dringend erforderliche, zeitnahe Bereinigung erlaubt. Dazu passt im Übrigen, dass nach den Versorgungsverträgen die Teilnahme eines qualifizierten Hausarztes oder eines eingeschriebenen Versicherten erst mit Beginn des nächsten Quartals nach der Bestätigung der jeweiligen Teilnahmeerklärung erfolgt.
Nach der Gesetzesbegründung ist die funktionierende Bereinigung der Gesamtvergütung für die wettbewerbliche Weiterentwicklung der HzV von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglicht es erst den Krankenkassen, die nicht mehr für den Kollektivvertrag zu zahlenden Gelder direkt in die kassenspezifischen hausarztzentrierten Versorgungsverträge einfließen zu lassen und damit Leistungen nicht doppelt zu vergüten. Vorgaben für praktikable, vereinfachte und wettbewerbsneutrale Bereinigungsverfahren für die HzV hat der Bewertungsausschuss bereits etabliert. Dies greift der Regelungstext in Abs. 7 Satz 1 und 2 auf, sodass die Gesamtvertragspartner auf diese Bereinigungsverfahren zurückgreifen können.
Die Bereinigung bezieht sich nach Satz 2 rechtzeitig auf alle eingeschriebenen Versicherten. Mit rechtzeitig und der Quartalsangabe soll nach der Gesetzesbegründung vermieden werden, dass Versicherte durch Verzögerungen bei der Bereinigung bis zu mehrere Monate auf die Teilnahme an der HzV warten müssen. In den verschiedenen Versorgungsverträgen ist dieser versichertenbezogene Aspekt mit Wirkung zum 1.1.2015 bereits weitgehend dadurch entschärft worden, dass die Höhe und die Zahlung der Vergütung der hausarztzentrierten Versorgung nicht abhängig sind von der Bereinigung der Gesamtvergütung zwischen den Gesamtvertragspartnern.
Damit bestätigen die Partner der HzV lediglich, dass es sich bei der HzV und dem Verfahren zur Bereinigung der Gesamtvergütung um 2 verschiedene Regelungsbereiche mit unterschiedlichen Vertragspartnern handelt. Wenn der qualifizierte Hausarzt beim eingeschriebenen Versicherten hausarztzentrierte Leistungen vertragsgemäß erbringt, steht ihm ohnehin nach dem Rechtsgrundsatz der Vertragstreue die vereinbarte Vergütung zeitnah zu. Wie die hausarztzentrierte Vergütung durch eine Bereinigung der Gesamtvergütung finanziert wird, hat allein die Krankenkasse bzw. der zuständige Landesverband der Krankenkassen mit der KV zu regeln und nicht der Hausärzteverband e. V. bzw. schon gar nicht der qualifizierte Hausarzt.
Ist also der versichertenbezogene Aspekt der zeitnahen Bereinigung eher ein Scheinargument, muss allerdings die Krankenkasse wegen der ih r obliegenden Finanzierung der HzV und der Vermeidung von Doppelzahlungen großen Wert auf eine zeitnahe Bereinigung der Gesamtvergütung legen. Dazu enthält Abs. 7 verschiedene Lösungen, die sich mal auf die Gesamtvertragspartner, mal auf die Krankenkasse beziehen, aber letztlich alle den Rechtsanspruch der Krankenkasse auf eine zeitnahe Bereinigung der Gesamtvergütung unterstützen. So können nach Satz 3 die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Vorgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Für die Gesamtvertragspartner bedeutet dies zweifellos eine Erleichterung, müssen ...