Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 41
Abs. 3 regelt das Recht der Versicherten, sich freiwillig für eine Teilnahme an der HzV zu entscheiden. Die allgemeinen Vorgaben zur Abgabe der Teilnahmeerklärung ergeben sich aus der Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes gemäß § 217f Abs. 4a, die mit Wirkung zum 26.8.2013 in Kraft getreten ist. Die Richtlinie ist für die Krankenkassen verbindlich, sodass sie in den formularmäßigen Teilnahmeerklärungen der Versicherten die allgemeinen Vorgaben auf der Grundlage der Richtlinie und auch das Nähere zur Durchführung der Teilnahme, insbesondere die Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen vom Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten festzulegen haben. Dagegen ist es mit Wirkung zum 23.7.2015 wegen des geänderten Abs. 3 Satz 7 nicht mehr erforderlich, die Einzelheiten der Teilnahme an der HzV in der Satzung der Krankenkasse zu regeln, sodass der umständliche und zeitraubende Weg über Satzungsänderung und Satzungsgenehmigung mit anschließender Formulierung der Teilnahmeerklärung künftig entbehrlich sein wird. Für bereits rechtswirksam gewordene Teilnahmeerklärungen der Versicherten hat diese Änderung aber keine Bedeutung. Wenn die Einzelheiten bisher in der Satzung der Krankenkasse geregelt sind, ist auch keine Satzungsänderung erforderlich, sondern die dort geregelten Einzelheiten sind künftig in die Formulare der Teilnahmeerklärungen zu übernehmen. Die Teilnahmeerklärung bezieht sich jedoch nicht auf einen bestimmten Versorgungsvertrag, welchen die Krankenkasse mit den in Abs. 4 aufgeführten Leistungserbringern geschlossen hat, und durch den die Ansprüche der Versicherten weder mittelbar noch unmittelbar begründet werden. Durch seine Wahl des besonders qualifizierten Hausarztes entscheidet der Versicherte allerdings selbst darüber, nach welchem Versorgungsvertrag er behandelt werden möchte. Dies hat sich für die Versicherten in der Praxis aber inzwischen weitgehend dadurch erledigt, dass die Versorgungsverträge zwischen den Hausärzteverbänden e. V. und den Krankenkassen nahezu gleichlautend gestaltet sind.
Rz. 42
Der in diesem Zusammenhang gemäß § 53 Abs. 3 in der Satzung ihrer Krankenkasse geregelte Wahltarif über die HzV ist für sie kostenfrei. Das Gesetz favorisiert das sog. Einschreibmodell. Die Einschreibung hat schriftlich zu erfolgen. Fachärzte können nur auf Überweisung des gewählten Hausarztes in Anspruch genommen werden (Satz 2). Hat der Versicherte sich aber für diese Versorgungsform entschieden, bleibt er an den selbst gewählten, besonders qualifizierten Hausarzt für mindestens ein Jahr gebunden (Satz 5). Das bedeutet, dass der Versicherte verpflichtet ist, für mindestens ein Jahr den gewählten Hausarzt zu konsultieren und bis auf wenige, in Abs. 3 bzw. evtl. in der Satzung der Krankenkasse geregelte Ausnahmen ambulante fachärztliche Leistungen nur auf Überweisung des gewählten Hausarztes in Anspruch zu nehmen. Allerdings muss der Versicherte ggf. die Folgen tragen, wenn er sich nicht an die Verpflichtung hält, die er mit seiner Teilnahmeerklärung eingegangen ist. Näheres regelt im Einzelfall die Krankenkasse, wenn ihr durch die Nichteinhaltung ein Schaden entstanden sein sollte.
Die HzV ist im Übrigen auf die Mindestbindungszeit von einem Jahr schon deshalb angewiesen, weil sie sich im Verlaufe entwickeln können muss, um den Versicherten in den Genuss der Vorteile dieser ambulanten ärztlichen Versorgung kommen zu lassen und um die mit der HzV angestrebten Ziele zu erreichen.
Rz. 43
Ziele der neuen Versorgungsstruktur sind die Verbesserung der Versorgungsqualität sowie der Effizienz gegenüber der herkömmlichen hausärztlichen Versorgung und mögliche Kosteneinsparungen, die durch die gezielte Inanspruchnahme des besonders qualifizierten Hausarztes mit einer wirksamen Koordination des fachärztlichen Behandlungsablaufs und der Vermeidung von unwirtschaftlichen Schnittstellen (z. B. Doppeluntersuchungen) bei der Versorgung des einzelnen Patienten erwartet werden können. Der qualifizierte Hausarzt ist dann immer die erste Anlaufstelle für den Patienten. Er übernimmt die Behandlung, überweist den Patienten bei Bedarf an andere Fachärzte bzw. Krankenhäuser und hat im Idealfall einen umfassenden Überblick über die Krankengeschichte des Patienten sowie über die insgesamt erfolgten Behandlungen. Die Lotsenfunktion (Gatekeeper-Funktion) des qualifizierten Hausarztes soll nicht notwendige Mehrfachuntersuchungen und Mehrfachbehandlungen, unerwünschte Wechselwirkungen von Arzneimitteln, Interpretationsfehler isoliert arbeitender fachärztlicher Spezialisten sowie unnötige Besuche bei anderen Ärzten und unnötige Krankenhauseinweisungen vermeiden. Außerdem dient die Lotsenfunktion dazu, den Behandlungsablauf rechtzeitig und zügig zu steuern, was ebenfalls eine ungezielte und unwirtschaftliche Leistungserbringung verhindern kann.
Rz. 44
Dagegen verfolgt die neue Versorgungsstruktur nicht den Zweck, den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung über ein vertr...