Prof. Dr. Volker Wahrendorf
2.6.1 Krankenkassen
Rz. 65
Die Verpflichtung, ihren Versicherten eine flächendeckende HzV anzubieten, stellt für große gesetzliche Krankenkassen kein besonderes Problem dar, wohl aber für kleinere, weil sich deren Versichertenklientel oft so verteilt, dass für wenige Versicherte eine für sie ortsnahe HzV aufgebaut werden muss. Trotz ausdrücklicher gesetzlicher Verpflichtung waren seit Inkrafttreten der Vorschrift zum 1.1.2004 Verträge zur HzV nicht in ausreichender Zahl geschlossen worden, um den Versicherten ein flächendeckendes Angebot zu unterbreiten. Die zum 1.4.2007 wirksam gewordene Neufassung des Abs. 4 Satz 1 enthält deshalb die Option, dass die Krankenkasse den Vertrag allein schließen kann oder den Vertragsabschluss in Kooperation mit anderen Krankenkassen tätigt. Der Begriff der Kooperation lässt offen, ob die kooperationswillige Krankenkasse mit verhandelt, mit verhandeln darf oder ob sie sich dem ausgehandelten Verhandlungsergebnis lediglich anschließt. Dem Gesetzgeber geht es dabei offensichtlich um die flächendeckende Sicherstellung der HzV, der Wettbewerbsgedanke zwischen den Krankenkassen um den besten Vertrag über die HzV muss demgegenüber zurückstehen. Bei der Kooperation kommt es selbstverständlich nicht nur auf die kooperationswilligen Krankenkassen an, sondern auch auf die Bereitschaft des anderen Vertragspartners, die in Aussicht genommene Kooperation der Krankenkassen zu akzeptieren. In der Praxis gibt es einerseits Einzelverträge zwischen einer Krankenkasse und dem Hausärzteverband e. V., andererseits aber auch Kooperationsverträge der Krankenkassen mit einem regionalen Hausärzteverband e. V.; insbesondere die in einer Region vertretenen Betriebs- und Innungskrankenkassen, gelegentlich auch mehrere Ersatzkassen, haben von der Kooperationsmöglichkeit nach Abs. 4 Satz 1 Gebrauch gemacht und einen gemeinsamen Vertrag über die HzV mit dem jeweiligen Hausärzteverband e. V. geschlossen. Vereinzelt ist es auch vorgekommen, dass Krankenkassen verschiedener Kassenarten (z. B. AOK und IKK) gemeinsam den Vertrag mit dem Hausärzteverband e. V. geschlossen haben.
2.6.2 Gemeinschaften der Allgemeinmediziner
Rz. 66
Weil aber auch diese Option die Anzahl der hausarztzentrierten Verträge nicht in ausreichendem Maße erhöht hatte, waren die Krankenkassen mit der Neufassung des Abs. 4 Satz 1 bis 4 zum 1.1.2009 verpflichtet worden, bis zum 30.6.2009 allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen diese Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten. Solche Gemeinschaften sind z. B. die Landesverbände des Deutschen Hausärzteverbandes e. V., wenn sie im Bezirk der KV mindestens 50 % der zugelassenen Allgemeinmediziner vertreten. "Vertreten" bezieht sich auf die Mitglieder des Hausärzteverbandes, die Quote auf die zugelassenen Allgemeinmediziner im Bezirk einer KV. Das heißt aber nicht, dass sich mindestens die Hälfte der zugelassenen Allgemeinmediziner für eine Teilnahme an der HzV entscheiden müssten.
Die Organisation des bundesweiten Berufsverbandes ist dabei so geregelt, dass der Deutsche Hausärzteverband e. V., Köln für die zentralen berufspolitischen Fragen (z. B. hausärztliche/hausarztzentrierte Fortbildung, QM-System, Grundzüge der Organisation der HzV) zuständig ist, während die Kompetenz für den Abschluss eines Vertrages über die HzV bei den 17 Landesverbände des Deutschen Hausärzteverbandes liegt.
Weiterer Vertragspartner in allen Verträgen ist die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft AG (HÄVG), mit Sitz in Köln, die als Erfüllungsgehilfe (vgl. § 278 BGB) des jeweiligen Hausärzteverbandes e. V. fungiert. Der Hausärzteverband ist Aktionär der HÄVG AG. Die HÄVG AG übernimmt dabei die vertraglichen Verpflichtungen des jeweiligen Hausärzteverbandes e. V., mit Ausnahme der Abrechnung, die ein vom Hausärzteverband nach § 295a beauftragtes Rechenzentrum durchführt. Beauftragtes Rechenzentrum in diesem Sinne ist die HVÄG Rechenzentrum GmbH mit Dienstsitz in Köln. Die Gesellschaft betreut die technische Umsetzung der hausarztzentrierten Verträge, erfasst und verwaltet die an den Verträgen teilnehmenden Ärzte und Versicherten, nimmt Abrechnungsdaten aus den ärztlichen Praxen entgegen und erstellt Abrechnungen gegenüber den teilnehmenden Krankenkassen auf Grundlage der erbrachten ärztlichen Leistungen. Die HÄVG Rechenzentrum GmbH arbeitet eng mit der Muttergesellschaft HÄVG AG, dem Deutschen Hausärzteverband e. V. und dessen Landesverbänden zusammen.
Rz. 67
Vertragspartner ist ferner der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Hausarzt i. S. d. § 73 Abs. 1, der als qualifizierter Hausarzt seine Teilnahme am Vertrag über die HzV beantragt und nach Prüfung der Teilnahmevoraussetzungen durch den zuständigen Hausärzteverband e. V. eine Teilnahmebestätigung erhalten hat. Damit ist er einerseits berechtigt und andererseits verpflichtet, die HzV bei den eingeschriebenen Versicherten der Krankenkasse durchzuführen. Der Vertragsarzt ist nach § 20 Zulassungsverordnung für Ärzte verpflichtet, ...