Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 39
Nach Abs. 6 Satz 1 2. Hs. gilt für die Mitglieder der Vertreterversammlung der § 42 Abs. 1 bis 3 SGB IV entsprechend. Gemäß § 42 Abs. 1 SGB IV richtet sich die Haftung der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane (also hier die ehrenamtlich tätigen Vertreterversammlungen) bei Verletzung einer ihnen gegenüber einem Dritten obliegenden Amtspflicht nach § 839 BGB und Art. 34 GG. Die Mitglieder der Vertreterversammlungen der KVen/KZVen sowie der KBV und der KZBV haften nach Abs. 2 in entsprechender Anwendung nur für den Schaden, der der Körperschaft aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der ihnen obliegenden Pflichten entsteht. Damit ist die innere Haftung beschrieben. Die äußere Haftung gegenüber Dritten regelt sich nach den Grundsätzen des Amtshaftungsrechts, soweit es sich um einen öffentlich-rechtlichen Sachverhalt handelt (§ 42 Abs. 1 SGB IV). Die Haftungsprivilegierung, d. h. eine auf Vorsatz und grob fahrlässige Pflichtverletzung begrenzte Haftung, kann nur von den ehrenamtlich tätigen Mitgliedern der Vertreterversammlungen, aber nicht von den hauptamtlichen Vorständen der Körperschaften in Anspruch genommen werden, weil die Vorstände keine Selbstverwaltungsorgane sind. Während der hauptamtliche Vorstand der Körperschaft z. B. bei positiver Vertragsverletzung haftet, gilt dies nicht für Mitglieder der Vertreterversammlung (vgl. dazu BSG, Urteil v. 6.5.2009, B 1 KR 9/08 R, zur Haftung des hauptamtlichen Vorstandes einer Krankenkasse aus positiver Vertragsverletzung).
Rz. 40
In entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 3 SGB IV kann die Körperschaft auf Ersatz des Schadens aus einer Pflichtverletzung nicht im Voraus bzw. auf einen entstandenen Schadenersatzanspruch nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde verzichten. Soweit der Schaden bereits eingetreten ist, entscheidet über den Forderungsverzicht der Vorstand gegenüber einem Mitglied der Vertreterversammlung. Handelt es sich aber um eine Pflichtverletzung eines Vorstandsmitgliedes, hat die Vertreterversammlung der Körperschaft über den Forderungsverzicht zu entscheiden.
In jedem Fall hat aber die Aufsichtsbehörde eine beschlossene Verzichtserklärung des Vorstandes oder der Vertreterversammlung zu genehmigen. Wenn aber die Aufsichtsbehörde die Genehmigung des Forderungsverzichts gegenüber einem Mitglied der Vertreterversammlung ablehnt, kann dieser Verwaltungsakt von der Körperschaft angefochten werden. Für solche Rechtsstreitigkeiten, die bei Vorsatz und grob fahrlässiger Pflichtverletzung der Vertreterversammlung i. d. R. keinen Beschluss über einen Forderungsverzicht nach sich ziehen und, wenn doch, eher auf die Ablehnung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde stoßen dürfte, sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig.