2.2.1 Änderung der Jahresarbeitsentgeltgrenze (Nr. 1)
Rz. 11
Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht, die nur wegen und bei Erhöhung einer der beiden Jahresarbeitsentgeltgrenzen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 2 bzw. Abs. 7 eintritt, setzt lediglich voraus, dass vorher Versicherungsfreiheit wegen der Höhe des Arbeitsentgeltes bestand. Wie lange diese Versicherungsfreiheit schon bestand, ist für das Befreiungsrecht ohne Bedeutung. Lediglich in den Fällen der Nr. 1a und 3 wird eine bestimmte Dauer der Versicherungsfreiheit vorausgesetzt. Eine Befreiung ist seit 1989 für Arbeiter und Angestellte möglich. Anders als die Regelung in Abs. 1 Nr. 2 (Bezug von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld) ist es für die Befreiungsmöglichkeit nach Abs. 1 Nr. 1 unerheblich, ob bisher eine gesetzliche Krankenversicherung bestanden hat.
Rz. 11a
Welche der maßgeblichen Erhöhungen der Jahresarbeitsentgeltgrenzen für den Eintritt von Krankenversicherungspflicht für den Beschäftigten maßgeblich ist, bestimmt sich danach, ob er am 31.12.2002 wegen Überschreitens der damaligen Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert war (dann gilt die Jahresarbeitsentgeltgrenze von § 6 Abs. 7) oder nicht (dann gilt die Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 6). Die Vertrauens- und Bestandsschutzregelung des § 6 Abs. 7 knüpft an die Person des Beschäftigten und nicht an ein konkretes Beschäftigungsverhältnis an. Daher gilt die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze auch für spätere Beschäftigungen, selbst in Fällen der Unterbrechung der Beschäftigung (Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 16.12.2002 unter I. 3. b) und damit dann auch für das Befreiungsrecht, wenn die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 erhöht wird.
Rz. 12
Kein Befreiungsrecht bestand für die ab 1.1.2003 infolge der durch das Beitragssatzsicherungsgesetz v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4637) eintretende Krankenversicherungspflicht infolge der gesetzlichen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 Satz 1. Ebenfalls kein Befreiungsrecht bestand für Beschäftigte, die infolge der Verschärfung der Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit in § 6 Abs. 1 Nr. 1 durch das GKV-WSG ab dem 1.4.2007 krankenversicherungspflichtig wurden, also insbesondere für Beschäftigte, die nicht unter die Besitzstandsregelung des § 6 Abs. 9 und der dort vorgesehenen weiteren Versicherungsfreiheit fielen.
Rz. 12a
Eine Befreiung können nunmehr auch in knappschaftlichen Betrieben Beschäftigte und deutsche Seeleute beantragen, da die Versicherungspflicht auch für diesen Personenkreis mit dem Wegfall des § 6 Abs. 5 (Ausdehnung der Versicherungspflicht durch Satzung der Knappschaft) ab 1.4.2007 bzw. die Ausnahme von der Versicherungsfreiheit für Seeleute in § 6 Abs. 1 Nr. 1 mit Wirkung ab 28.12.2007 (Bekanntmachung des BMG v. 28.12.2007 (BGBl. I 2007 S. 3305) entfallen sind.
Rz. 13
Der Befreiung steht eine zuvor bestehende freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht entgegen. Die Vorschrift erlaubt daher auch einen Wechsel von einer gesetzlich freiwilligen Versicherung in eine private Versicherung, sofern deren Bestand tatsächlich nachgewiesen wird (vgl. Abs. 2 Satz 4). Die Befreiung kann jedoch nicht zur Wahl des Versicherungsstatus bei Fortsetzung der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgesprochen werden, sodass mit einem Befreiungsantrag auch immer die Beendigung der Mitgliedschaft (Kündigung/Austrittserklärung) bei einer Krankenkasse verbunden ist (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 19.8.2005, L 4 KR 1533/02; a. A. offenbar Grimmke, in: jurisPK SGB V, § 257 Rz. 64).
Rz. 13a
Das Befreiungsrecht besteht nur, wenn als Folge der Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenzen, im Regelfall jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres, Krankenversicherungspflicht eintritt. Das Absinken des regelmäßigen Arbeitsentgelts infolge von Veränderungen im Arbeitsvertrag begründet kein Befreiungsrecht. Sinkt wegen der Reduzierung der Arbeitszeit nach den Tatbeständen in Abs. 1 Nr. 2 bis 3 auch das Arbeitsentgelt unter die maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze, bestehen nur die besonderen Befreiungsrechte Abs. 1 Nr. 2 bis 3. Eine einmal erteilte Befreiung bleibt auch dann bestehen, wenn das tatsächliche Arbeitsentgelt nach einer vorübergehenden Erhöhung oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag, dann aber wieder aufgrund einer Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenzen unterhalb dieser Grenze liegt.
Rz. 13b
Das BSG hat bereits die Rechtsfrage geklärt, dass sich die Befreiung nicht auf ein später begründetes Beschäftigungsverhältnis erstreckt, wenn zwischenzeitlich Versicherungspflicht wegen eines anderen Tatbestands eingetreten war (vgl. BSG, Urteil v. 25. 5.2011, B 12 KR 9/09 R). Unterschiedlich wird jedoch die Bindungswirkung an eine Befreiungsentscheidung beurteilt, wenn aus einem befreiten Beschäftigungsverhältnis nach dessen Beendigung ein neu...