Rz. 6
Für eine Krankenkasse, deren Satzung regelt, dass sich der Kassenbezirk über ein Land hinaus erstreckt (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4), galt bereits mit Wirkung ab 1.1.2002 das Wohnortprinzip (vgl. § 83 Satz 1). Dazu zählte auch die Bundesknappschaft, die zum 1.10.2005 in Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See umbenannt worden ist (Art. 6 Nr. 7 i. V. m. Art. 86 Abs. 4 RVOrgG), jedoch mit der Einschränkung, dass die ärztliche Versorgung der Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung durch die KV sichergestellt wird. Das Knappschaftsarztsystem (vgl Komm. zu § 82 Abs. 3) ist demnach nicht tangiert.
Rz. 7
Mit dem Wegfall des § 83 Satz 2 zum 1.1.2006 aufgrund des GMG ist das Wohnortprinzip für den Abschluss der Gesamtverträge und damit für die Vereinbarung der Gesamtvergütungen für alle Krankenkassen eingeführt worden, also auch für die, deren Bezirk sich über nicht mehr als ein Land erstreckt. Die Einführung des Wohnortprinzips für alle Krankenkassen war zunächst notwendige Folge der ab 2007 vorgesehenen Neuregelung des vertragsärztlichen Vergütungssystems, die dann aber doch nicht realisiert werden konnte und deshalb im GKV-WSG zur Streichung der §§ 85a und 85b geführt hatte. Betroffen waren vom Wohnortprinzip insbesondere die Ortskrankenkassen und einige Betriebskrankenkassen, die bisher die Gesamtvergütungen nach dem sog. Kassensitzprinzip vereinbart hatten.
Rz. 8
Auch beim Wohnortprinzip schließen die Landesverbände der Krankenkassen bzw. Verbände der Ersatzkassen den Gesamtvertrag mit der für ihren Bereich zuständigen KV/KZV. Dieser Abschluss bindet (vgl. "mit Wirkung für") die einzelne Krankenkasse derselben Kassenart, auch wenn der Sitz der Krankenkasse außerhalb des KV/KZV-Bereichs liegt. Zum 1.7.2008 treten die Ersatzkassen an die Stelle der Verbände der Ersatzkassen, was eine Folge der neuen Organisationsstruktur der Verbände der Ersatzkassen ist. Für die Ersatzkassen gilt dann § 212 Abs. 5 i. d. F. des GKV-WSG, so dass sie für ihre Gesamtverträge mit den KV jeweils einen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis zu benennen haben. Der regional zuständige Landesverband der jeweiligen Kassenart erhält aufgrund des Satzes 1 die Verhandlungskompetenz für alle Versicherten der jeweiligen Kassenart mit Wohnort in seinem Zuständigkeitsgebiet, d. h. sowohl für die Versicherten seiner Mitgliedskassen (Krankenkassen mit Sitz in seinem Zuständigkeitsgebiet), als auch für die Versicherten der "einstrahlenden" Krankenkassen (Krankenkassen, die einem anderen Landesverband derselben Kassenart angehören). Unerheblich ist, ob viele oder wenige Mitglieder dieser Krankenkasse in diesem Bereich wohnen. Der durch das GKV-WSG eingefügte Halbsatz zu Satz 1 hat dies im Zusammenhang mit der voraufgegangenen Streichung der Wörter "mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart" redaktionell ausdrücklich klargestellt.
Die automatische Bindungswirkung nach Satz 1 erspart dieser Krankenkasse bzw. dem für sie zuständigen Landesverband der Krankenkassen/Verband der Ersatzkassen einen hohen Verwaltungsaufwand, weil anderenfalls theoretisch Gesamtverträge mit jeder KV/KZV im Bundesgebiet geschlossen werden müssten, was in keinem Verhältnis zu dem Ergebnis einer konsequenten Durchführung des Wohnortprinzips stehen würde. Die Konzentration auf Gesamtverträge mit den regional zuständigen KV/KZV kann zudem die Teilhabe und Einflussnahme dieser Kassenart auf regionale Modelle und Versorgungsstrukturen erhöhen.