Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 27
Rechtsgrundlage für die Zahlung der Gesamtvergütung ist die vertragliche Vereinbarung in der normativen Form einer gesamtvertraglichen Regelung. Vertragspartner sind nach § 83 die jeweiligen K(Z)Ven Vereinigungen und die jeweiligen Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen. Das Recht der Vereinbarung ist damit ein originäres Recht der regionalen Vertragspartner und dem Normgeber auf Bundesebene entzogen (BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 6 KA 28/11 R; Loose, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rz. 40). Die einzelnen Krankenkassen können keine Verträge mit den KVen abschließen (BSG, Urteil v. 28.9.2005, B 6 KA 75/04 R). Die Bindungswirkung erfasst alle Krankenkassen. Verstöße gegen diesen Grundsatz zwingen zur Prüfung, ob die gesamtvertragliche Regelung ganz oder teilnichtig ist (BSG, a. a. O.). Die Gesamtvergütung kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt (Abs. 2 Satz 2 HS 2). Ausgegliedert aus der Gesamtvergütung sind Leistungen nach § 116b Abs. 6 sowie Leistungen für die sozialpädiatrischen Zentren (§ 119b). Die Vergütungsvereinbarungen erfolgen unmittelbar zwischen der Einrichtung und der Krankenkasse. Auch Leistungen, für die die Krankenkassen Kostenerstattung statt Naturalleistung gewähren, erfolgen außerhalb der Gesamtvergütung (Hess, in: BeckOGK, SGB V, § 85 Rz. 9). Außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütung sind Substitionsbehandlungen (§ 87a Abs. 3 Satz 5 Nr. 1), Zuschläge nach § 87 Abs. 2b Satz 3 (§ 87a Abs. 3 Satz 5 Nr. 2) und Leistungen nach § 87a Abs. 3 Satz 5 Nr. 3 sowie Nr. 4 bis 8 zu erbringen.
Rz. 28
Die freie Wahl des Gesamtvergütungssystems stammt aus einer Zeit, als die Vereinbarungen der Gesamtvergütungen in vollem Umfang, d. h. ohne einschränkende Vorgaben der Bundesebene ausschließlich den Gesamtvertragsparteien auf KV- bzw. KZV-Ebene überlassen waren. Der Wortlaut des Satzes 2 HS 2 deckt sich z. B. mit § 368f Abs. 3 RVO, der bis 31.12.1988 geltendes Recht war. Heute erstreckt sich die freie Wahl eng auf das Vergütungssystem, während die vertraglichen Rahmenbedingungen und die Vergütungsmodalitäten aufgrund der Reformen des vertragsärztlichen und des vertragszahnärztlichen Vergütungssystems in der Weise eingeschränkt sind, dass die gesetzlichen Vorgaben oder Entscheidungen der Bundesebene im jeweiligen Gesamtvertrag durch die Gesamtvertragspartner auf KV- oder KZV-Ebene umgesetzt werden müssen.
Rz. 29
Bei der Wahl des Vergütungssystems kam es in der Vergangenheit für die Gesamtvertragspartner immer darauf an, wie für den zu vereinbarenden Vertragszeitraum die Risiken verteilt sein sollten, die sich aus der Veränderung der Krankheitshäufigkeit, der Entwicklung der Leistungsmenge, der Veränderung der Zahl der Vertrags(zahn)ärzte und aus Änderungen in der Zusammensetzung des versicherten Personenkreises ergeben. Die in Abs. 2 Satz 2 HS 2 aufgeführten Beispiele für Vergütungssysteme verteilen diese Risiken unterschiedlich, einmal zulasten der Ärzte oder Zahnärzte, einmal zulasten der Krankenkassen.