Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 40
Mit Abs. 2a hat der Gemeinsame Bundesausschuss das Recht erhalten, mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels zu fordern. Damit wird die gegenwärtig noch unbefriedigende Datenlage für neue Wirkstoffe angegangen, die darauf zurückzuführen ist, dass die Zulassungsbehörde den Zugang zu neuen Wirkstoffen gegen schwere Erkrankungen einerseits nicht unnötig verzögern, andererseits aber eine gründliche Bewertung des neuen Arzneimittels vornehmen soll. Besonders bei schwerwiegenden Krankheitsbildern (z. B. Krebs) ist die Zulassungsbehörde häufig gezwungen, einen Markteintritt des neuen Medikaments trotz bestehender Unsicherheit wegen nicht optimaler Datenlage zuzulassen. Die Forderung ergänzender Studien soll deshalb auf lange Sicht die qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung sichern. Die Formulierung "innerhalb einer angemessenen Frist" verschiebt die Forderung in die absehbare Zukunft, sodass sichergestellt ist, dass den Patienten bis zur Vorlage der angeforderten Studien das betreffende Arzneimittel nicht vorenthalten wird. Eine Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist nach Abs. 2a Satz 5 ausgeschlossen.
Rz. 41
Falls der pharmazeutische Unternehmer die Forderung des Gemeinsamen Bundesausschusses innerhalb der gesetzten Frist nicht erfüllt, darf der Gemeinsame Bundesausschuss nach Abs. 2a Satz 4 das Arzneimittel von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Der Ausschluss von der Verordnungsfähigkeit, an den der verordnende Arzt gebunden ist, bietet für den pharmazeutischen Unternehmer genügend Anreiz, die angeforderte und möglichst mit konkreten Vorgaben versehene Studie durchzuführen und rechtzeitig dem Gemeinsamen Bundesausschuss zur Verfügung zu stellen. Gegen den Verordnungsausschluss kann natürlich geklagt werden.
Rz. 42
Andererseits darf der Gemeinsame Bundesausschuss aber keine unangemessenen, undurchführbaren oder rechtlich unzulässigen Anforderungen an die Studien stellen. Deshalb ist in Abs. 2a Satz 1 darauf hingewiesen, dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss wegen der Anforderungen an die Studie mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut ins Benehmen setzen muss. In der Verfahrensordnung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss das Nähere zu den Voraussetzungen, zur Forderung ergänzender Studien, zu Fristen und zu den Anforderungen an die Studien. In der Gesetzesbegründung wird dazu erwähnt, dass nur solche Studien angefordert werden sollen, die für die Arzneimittelversorgung bedeutsam sind. Zahlenmäßig übertriebene Studienanforderungen sollen deshalb unterbleiben. Dem entspricht auch der Hinweis auf versorgungsrelevante Studien in Abs. 2. Weil aber die ergänzenden, versorgungsrelevanten Studien für alle an der Arzneimittelversorgung Beteiligten von hohem Interesse sind, werden die Beteiligten nach Abs. 2 Satz 2 in das Verfahren zur Abgabe einer Stellungnahme des Abs. 3a einbezogen.
Die Änderung steht im Übrigen im Zusammenhang mit den Aufgaben des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (§ 139 a), welches im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses Empfehlungen zum Nutzen, zur Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgibt.