Prof. Dr. Volker Wahrendorf
2.2.1 Grundlagen der Förderung
Rz. 5
Voraussetzung ist zunächst, dass ein finanziell gefördertes Vorhaben über die bisherige Regelversorgung hinausgeht. Dem entspricht im Übrigen die Formulierung in Abs. 1 Satz 2, dass schwerpunktmäßig (vgl. "insbesondere") Vorhaben gefördert werden, die eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben und hinreichendes Potenzial aufweisen, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden, die Formulierung in Abs. 1 Satz 5, dass nur diejenigen Kosten förderfähig sind, die dem Grunde nach nicht von den Vergütungssystemen der Regelversorgung umfasst sind, und die Formulierung in Abs. 2 Satz 1, dass die Versorgungsforschung gefördert wird, die auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichtet ist. Das übergeordnete Ziel des Innovationsfonds ist eine tatsächliche Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Förderung von Vorhaben, die nicht über die Regelversorgung hinausgehen bzw. zu keiner Verbesserung der bestehenden Versorgung führen, sondern nur höhere Ausgaben verursachen, ist somit ausgeschlossen.
Rz. 6
Der Begriff der Regelversorgung im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist im SGB V nicht legal definiert (vgl. Filges, in: jurisPK-SGB V, § 92a Rz. 16). In § 2 Nr. 5 der Verfahrensordnung wird die Regelversorgung als Anspruch aller Versicherten beschrieben, auf die alle Versicherten unabhängig von der Krankenkassenzugehörigkeit, ihrem Wohnort oder ihrer Zustimmung zu einem Vorhaben oder Programm einen Anspruch haben. Eine dauerhafte Aufnahme eines erfolgreichen Vorhabens in die Versorgung kann bei der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung nur durch eine Änderung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 oder, falls erforderlich, durch eine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen erfolgen. Vorhaben, die auf eine dauerhafte Weiterentwicklung der selektivvertraglichen Versorgung gerichtet sind (Hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b oder die Besondere Versorgung nach § 140a), konnten bis 31.12.2019 über den Innovationsfonds gefördert werden. Dies galt aber nur für solche Selektivverträge, die nach dem Inkrafttreten des VSG, also nach dem 23.7.2015, geschlossen worden waren. Mit Wirkung zum 1.1.2020 ist der bisherige Abs. 3 Satz 3 aufgehoben worden, sodass auch diese Versorgungsverträge nicht mehr über den Innovationsfonds gefördert werden.
Nach der Gesetzesbegründung könnten z. B. Förderschwerpunkte nach Abs. 1 die Telemedizin, Versorgungsmodelle in strukturschwachen Gebieten, Modelle mit Delegation und Substitution von Leistungen, der Auf- und Ausbau der geriatrischen Versorgung, Modellprojekte zur Arzneimitteltherapiesicherheit bei multimorbiden Patienten sein. Dabei sind Möglichkeiten zur Verbesserung der Versorgungseffizienz bei Personen mit Migrationshintergrund einzubeziehen. Diese Vorhaben können im Rahmen neuer Selektivverträge der Krankenkassen durchgeführt bzw. erprobt werden, wobei sich die Krankenkassen bei den Selektivverträgen aber generell an die übergeordneten, gesetzlich vorgegebenen Handlungsmöglichkeiten zu halten haben. Das schließt z. B. auf jeden Fall aus, dass nicht zugelassene bzw. nicht zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung berechtigte Leistungserbringer in geförderte Vorhaben einbezogen werden.
Nach dem Wortlaut des Abs. 1 und der beispielhaften Aufzählung der Förderschwerpunkte in der Gesetzesbegründung bezieht sich der Innovationsfonds schwerpunktmäßig auf die ambulante vertragsärztliche Versorgung, obwohl im Gesetzestext der ausschließliche Bezug auf die vertragsärztliche Versorgung fehlt. Besonders deutlich war jedoch der Bezug auf die vertragsärztliche Versorgung, als im Gesetzentwurf noch die möglichen Antragsteller für eine Förderung neuer Versorgungsformen genannt waren. Durch Beschluss des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss des Deutschen Bundestages) war diese Aufzählung aber wieder gestrichen worden. Der Kreis der möglichen Antragssteller sollte nach der Begründung des Ausschusses nicht begrenzt werden. Maßgeblich soll allein sein, ob das Vorhaben, für das eine Förderung beantragt wird, den Förderkriterien des Abs. 1 und den vom Innovationsausschuss festgelegten Förderschwerpunkten und Förderkriterien entspricht.
Die Streichung bedeutet keineswegs, dass die im Gesetzentwurf noch aufgeführten Antragsteller für eine Förderung neuer Versorgungsformen nicht infrage kommen; im Gegenteil, Krankenkassen und ihre Verbände, Vertragsärzte, zugelassene medizinische Versorgungszentren, zugelassene Krankenhäuser, Landeskrankenhausgesellschaften, Kassenärztliche Vereinigungen, pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten i. S. des Medizinproduktegesetzes und Patientenorganisationen nach § 140f kommen weiter als mögliche Antragsteller für die Förderung neuer Versorgungsformen in Betracht, wenn ihre Vorhaben die genannten Voraussetzungen erfüllen.
Damit haben sich natür...