Dr. Thomas Becker-Evermann
0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 108 wurde mit Wirkung zum 1.6.1994 durch Art. 1 PflegeVG v. 26.5.1994 (BGBl. I. S. 1014) eingeführt. Die Norm wurde mit Wirkung zum 1.1.2016 durch das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) in Satz 1 hinsichtlich des Zeitraums, für den Auskünfte erteilt werden müssen, geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Ihrem Normzweck nach dient diese Vorschrift – ebenso wie die vergleichbare Regelung in § 305 Abs. 1 SGB V – einer Verstärkung des Kostenbewusstseins der Versicherten, was eine höhere Transparenz des Leistungsgeschehens voraussetzt (BT-Drs. 12/5262 S. 153). Durch die Auskunft der Pflegekasse soll der Versicherte in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob ihm die beantragten Leistungen bis zur gesetzlichen Höchstgrenze gewährt worden sind (Bay. LSG, Beschluss v. 6.12.2016, L 2 P 38/16 ER).
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Die Vorschrift gibt dem Einzelnen einen Anspruch gegen die Pflegekasse auf Auskunft zu den bezogenen Leistungen. Danach muss die Pflegekasse den Versicherten über die in Anspruch genommen Leistungen und deren Kosten informieren. Dabei wurde der Zeitraum vom letzten Geschäftsjahr auf mindestens 18 Monate vor Antragstellung in der aktuellen Fassung von Satz 1 erweitert. Die Pflegekasse kann damit auch für einen Zeitraum, der mehr als 18 Monate umfasst, Auskunft erteilen. Notwendig ist ein Antrag des Versicherten. Dieser ist ggf. auszulegen. Bei Bezug von anteiligem Pflegegeld umfasst der Anspruch daher auch die mit dem Pflegedienst abgerechneten Sachleistungen (Bay. LSG, Beschluss v. 6.12.2016, L 2 P 38/16 ER).
Rz. 4
Der Auskunftsanspruch erstreckt sich nur auf persönlich in Anspruch genommene Leistungen; Familienangehörigen steht der Informationsanspruch aus eigenem Recht zu, da die Vorschrift auf die Versicherteneigenschaft abstellt (vgl. § 25). Dagegen hat der Stammversicherte keinen Anspruch auf Auskunft zu den in Anspruch genommenen Leistungen des Familienangehörigen (wie hier Koch: in KassKomm. SGB XI, 96. EL, § 108 Rz. 3; Prange, in: jurisPK-SGB XI, 2. Aufl., § 108 Rz. 27). Dem steht nämlich entgegen, dass es sich insoweit um personenbezogene Daten handelt, die nur aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage weitergegeben werden dürfen. § 108 bietet eine solche Grundlage jedenfalls nicht. Ein Anspruch auf Mitteilung von Diagnosedaten besteht dabei nicht, so dass § 25 Abs. 2 SGB X für Auskünfte nach § 108 ohne praktische Bedeutung ist.
Rz. 5
Um Versicherte, die von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch machen, vor eventuellen Nachteilen zu bewahren, ist es den Pflegekassen untersagt, die Leistungserbringer hiervon in Kenntnis zu setzen (Satz 2). Das Nähere können die Pflegekassen in ihrer Satzung regeln, wobei weder Beschränkungen noch Weiterungen des Auskunfsrechts, z. B. auf andere Daten, zulässig sind.
§ 108 berührt nicht den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch der Versicherten gemäß § 83 SGB X.