Rz. 12
Bei Inkrafttreten des PflegeVG sollten möglichst alle Pflegebedürftigen in den Schutz der Versicherung einbezogen werden (BR-Drs. 505/93). Um die Solidargemeinschaft auf Dauer aber nicht zu überfordern, konnte von der Erfüllung einer Vorversicherungszeit im Weiteren nicht abgesehen werden.
Es sollen nämlich grundsätzlich nur solche Pflegebedürftigen Leistungen erhalten, die eine angemessene Zeit vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit zu den Lasten der Solidargemeinschaft beigetragen haben. Daher wurde nach Abs. 2 eine Vorversicherungszeit, beginnend mit dem 1.1.1996, stufenweise eingeführt. Eine Ausnahme besteht für nach § 25 versicherte Kinder, die die Vorversicherungszeit in eigener Person nicht erfüllen können. Für sie gilt die Vorversicherungszeit als erfüllt, wenn ein Elternteil diese nachweisen kann. Diese sozialverträgliche Regelung betrifft insbesondere die von Geburt oder vom frühen Kindesalter an pflegebedürftigen Kinder. Abs. 2 Satz 3 setzt dabei nicht voraus, dass es sich um familienversicherte Kinder handelt. Die Vorschrift erfasst vielmehr auch pflichtversicherte oder freiwillig versicherte Kinder (BSG, Urteil v. 19.4.2007, B 3 P 1/06 R, Breithaupt 2008 S. 96; LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 25.11.2005, L 3 P 8/05).
Rz. 13
Der Gesetzgeber verlangt ab dem 1.7.2008 eine Vorversicherungszeit von 2 Jahren innerhalb der letzten 10 Jahre vor Antragstellung. Gänzlich auf eine Vorversicherungszeit verzichten wollte der Gesetzgeber im Hinblick auf Zuwanderer und Auslandsrückkehrer nicht, um die Belastungen für die Solidargemeinschaft in Grenzen zu halten (vgl. BT-Drs. 16/7439 S. 54). Als Vorversicherungszeiten werden neben Zeiten einer Pflichtversicherung auch Zeiten der Familienversicherung nach § 25 und Zeiten der Weiterversicherung, auch bei Auslandsaufenthalten i. S. d. § 26 Abs. 2, mitberücksichtigt. Dies gilt auch für Zeiten der pauschalierten Beitragszahlung für Rentenempfänger nach dem BVG.
Die 10-Jahres-Rahmenfrist ist eine rückwärts verlaufende Frist. Der Tag der Antragstellung auf Leistungen aus der Pflegeversicherung gilt dabei als Ereignistag i. S. d. § 187 Abs. 1 BGB und darf deshalb nicht in die Frist eingerechnet werden. Die Frist beginnt folglich mit dem Vortag um 24.00 Uhr. Das Ende der Rahmenfrist wird nach § 188 Abs. 2 HS 1 BGB ermittelt und endet mit 0.00 Uhr des Tages des letzten Monats (Benennung des Ereignismonats vor 10 Jahren), der seiner Zahl nach dem Ereignistag entspricht.
Tag der Antragstellung auf Pflegeleistung |
27.5.2018 |
Beginn der 10-Jahres-Rahmenfrist |
26.5.2018 |
Ende der 10-Jahres-Rahmenfrist |
27.5.2008 |
Rz. 14
Abs. 3 regelt die Wirkung der in der privaten Pflegeversicherung zurückgelegten Vorversicherungszeiten im Verhältnis zur sozialen Pflegeversicherung. Das gilt für den Fall, dass Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung z. B. durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung eintritt und der Versicherte einen privaten Kranken- und Pflegeversicherungsvertrag nach § 27 kündigt. Die Zeit der bis zum Beginn der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung ununterbrochen in der privaten Pflegeversicherung zurückgelegten Versicherungszeit wird angerechnet. Nicht angerechnet werden private Versicherungszeiten, die nicht unmittelbar bis zum Beginn der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung angedauert haben. Angesichts der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe des Abs. 3, wonach nur die ununterbrochen zurückgelegte Versicherungszeit anzurechnen ist, können Zeiten der privaten Pflegeversicherung nicht berücksichtigt werden, die vor einer Unterbrechung lagen und damit nicht bis zum Beginn der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung andauerten.
Rz. 15
Hat ein Pflegebedürftiger zum Zeitpunkt des Antrags auf Leistungen die Vorversicherungszeit nicht erfüllt, kann er ggf. nach Erfüllung derselben einen neuen Antrag stellen. Die Vorversicherungszeit bemisst sich nämlich – so der Gesetzeswortlaut – eben nicht nach dem Zeitpunkt des Eintritts von Pflegebedürftigkeit, sondern dem der Antragstellung.