2.1 Verhinderung der Pflegeperson
Rz. 2
Mit der Leistung soll eine zeitweise Entlastung der Pflegeperson erreicht werden. Dabei spielen die Gründe für die Verhinderung an der Pflege eine eher untergeordnete Rolle. Das Gesetz nennt namentlich den Erholungsurlaub und die Krankheit, lässt aber die Möglichkeit offen, dass auch aus anderen Gründen Kosten für eine Ersatzpflegekraft übernommen werden können.
Ein Verhinderungsgrund kann aber nicht die Aufnahme einer Beschäftigung – und sei sie auch noch so kurzfristig – sein, denn vorrangig soll die Verhinderungspflegeleistung der Erholung der ständigen Pflegeperson dienen, so dass bezüglich der Auslegung der Hinderungsgründe großzügig verfahren werden kann, solange die Zielsetzung nicht verlorengeht. Als Ziel der Verhinderungspflege sollte grundsätzlich die Erhaltung der physischen und psychischen Fähigkeiten der Pflegeperson (Angehörige, Lebensgefährte usw.) zur Pflege des Hilfebedürftigen gelten.
Rz. 3
Beim Ausfall einer professionellen Pflegekraft, deren Dienste der Pflegebedürftige als Pflegesachleistung (§ 36) in Anspruch nimmt, liegen die Voraussetzungen der Verhinderungspflege nicht vor.
2.2 Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 4
Anspruch auf Verhinderungspflege haben Pflegebedürftige, die zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme mindestens dem Pflegegrad 2 zugeordnet sind.
Rz. 4a
Der Anspruch auf Verhinderungspflegeleistung ist von einer Wartezeit abhängig gemacht worden. Die bisher mit der Pflege befasste Pflegeperson muss den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens 6 Monate (12 Monate bis 30.6.2008) in seiner häuslichen Umgebung gepflegt haben. Dabei sind Pflegezeiten in der Pflegestufe 0 ebenfalls als Vorpflegezeiten zu berücksichtigen, vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 21.2.2011, L 27 P 16/10 B PKH.
Es ist nicht erforderlich, dass dieselbe Pflegeperson den Pflegebedürftigen 6 Monate gepflegt haben muss. Die Gesetzesmaterialien geben hierzu keine Hinweise. Daher wird diese Regelung auch vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen im Gemeinsamen Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften v. 22.8.2017 dahingehend ausgelegt, dass die Wartezeit von 6 Monaten auch erfüllt ist, wenn sich mehrere Personen die Pflege zeitlich geteilt haben.
Rz. 5
Der Nachweis von 6 Monaten (oder 180 Kalendertagen) muss nicht zusammenhängend geführt werden; Unterbrechungen, die den Voraussetzungen des § 39 entsprechen und 4 Wochen nicht überschreiten, sind für die Erfüllung der Wartezeit unschädlich. Hat die Unterbrechung länger als 4 Wochen gedauert, so verlängert sich die Frist um den Zeitraum der Hemmung. Nicht erforderlich ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor jeder neuen Unterbrechung der Pflegetätigkeit wiederum 6 Monate gepflegt haben muss.
Rz. 6
Die Wartezeit ist nur einmalig vor der erstmaligen Verhinderung zu erfüllen. Entscheidend ist dabei, dass die Pflege in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen erbracht wurde. Darunter sind alle Aufenthaltsorte des Pflegebedürftigen zu verstehen, an denen im Rahmen häuslich-familiären Lebens Pflege stattgefunden hat.
2.3 Leistungsdauer und -höhe
Rz. 7
Für die Verhinderungspflege kann die Pflegekasse – nach mehrmaligem Anheben der Leistungsbeträge seit 1.7.2008 – aktuell bis zu 1.612,00 EUR übernehmen. Die Zahlung bezieht sich dabei auf das Kalenderjahr und nicht auf die Pflegeperson(en). Verhinderungspflegen müssen nicht zusammenhängend bezogen werden; sie können im Bedarfsfall in kürzeren Intervallen beansprucht werden, dürfen jedoch im Kalenderjahr seit 1.1.2015 insgesamt 42 Kalendertage (6 Wochen) nicht überschreiten (bis 31.12.2014 waren es 4 Wochen = 28 Kalendertage). Daraus folgt, dass die Leistung in zweifacher Hinsicht begrenzt wurde, nämlich der Dauer und der Höhe nach.
Rz. 8
Eine Zusammenrechnung hat nach dem Gesetz grundsätzlich im Verlaufe eines Kalenderjahres zu erfolgen, also in der Zeit vom 1.1. bis 31.12. eines jeden Jahres. Nicht in Anspruch genommene restliche Verhinderungspflegetage können nicht in das nächstfolgende Kalenderjahr übernommen werden. Andererseits besteht die Möglichkeit, im ab Mitte November bis Dezember 6 Wochen Verhinderungspflege abzurufen und im Januar des folgenden Jahres bereits erneut bis Mitte Februar den Höchstumfang von 6 Wochen auszuschöpfen.
Rz. 9
Auf die Dauer des Leistungsanspruchs nach § 39 werden Zeiten des Leistungsbezugs nach § 42 (Kurzzeitpflege) nicht angerechnet.
Die Pflegeperson befindet sich vom 1.5. bis 11.6. im Urlaub. Dies bedeutet eine Kostenübernahme für die Verhinderungspflege nach § 39. Im gleichen Kalenderjahr erkrankt die Pflegeperson vom 1.10. bis 28.10. In diesem Fall ist eine Kurzzeitpflege nach § 42 zu gewähren.
Rz. 9a
Für die Verhinderungspflege können seit 1.1.2015 bis zu 50 % des nicht in Anspruch genommen Kurzzeitpflegebetrags nach § 42 Absatz 2 Satz 2 – also 806,00 EUR – für häusliche Verhinderungspflege genutzt werden. Dies kommt insbesondere den Anspruchsberechtigten zugute, die eine längere Verhinderungspflege benötigen und für die es keine Betreuung in einer geeigneten vollstationären Kurzzeitpf...