Rz. 3
Seit dem Inkrafttreten der Regelung ist der Personenkreis der Pflegebedürftigen der Pflegestufen I, II oder III mit einem auf Dauer bestehenden erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung anspruchsberechtigt. Mit Wirkung zum 1.7.2008 ist dieser Personenkreis durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz auf die Hilfebedürftigen der sog. Pflegestufe 0 ausgedehnt worden. In den Kreis der möglichen Leistungsempfänger sind damit die Menschen aufgenommen worden, die keine Leistungsempfänger nach §§ 36 bis 43a sind, da sie den Pflegebedürftigkeitsbegriff des § 14 Abs. 1 nicht erfüllen. Voraussetzung ist jedoch, dass bei ihnen überhaupt ein Hilfebedarf sowohl im Bereich der Grundpflege als auch in der hauswirtschaftlichen Versorgung feststellbar ist.
Die Ausdehnung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf die Hilfebedürftigen der sog. Pflegestufe 0 hat in der öffentlichen Wahrnehmung zu der Annahme eines Gegensatzes zwischen demenzbedingter allgemeiner Beaufsichtigungsbedürftigkeit und der Pflegebedürftigkeit i. S. d. § 14 Abs. 1 geführt. Hingegen erhält eine Vielzahl demenzerkrankter Menschen die zusätzlichen Leistungen nach § 45b allein ergänzend zu Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung bei mindestens erheblicher Pflegebedürftigkeit.
Rz. 3a
Weitere Tatbestandsvoraussetzung ist das Bestehen eines erheblichen Bedarfs an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung. Diesen Bedarf sieht Abs. 1 Satz 2 denkbar ausschließlich bei Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Liegt ein Krankheitsbild außerhalb dieser Diagnosen vor, scheiden Leistungen nach §§ 45a ff. aus (vgl. BSG, Urteil v. 12.8.2010, B 3 P 3/09 R, SozR 4-3300 § 45b Nr. 1). Die betreffende Erkrankung oder Behinderung muss des Weiteren solche Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens gezeitigt haben, dass dauerhaft eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz eingetreten ist. Bei einer in zeitlichen Abständen auftretenden Unterzuckerung etwa bestehen keine dauerhafte Einschränkung der Alltagskompetenz und damit kein Anspruch auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen wegen eines erheblichen allgemeinen Betreuungsbedarfs (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 18.12.2008, L 5 P 12/08).
Rz. 4
Bei Kindern ist nach der Vorschrift des § 15 Abs. 2 der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Dadurch wird klargestellt, dass "der natürliche, altersentsprechende Pflegebedarf von Kindern" unberücksichtigt bleibt und allein auf den das altersübliche Maß übersteigenden Aufwand abzustellen ist (vgl. BT-Drs. 14/7154).
Rz. 5
Dauerhaft ist die Einschränkung der Alltagskompetenz, wenn die maßgeblichen Störungen mit dem sich daraus ergebenden Hilfebedarf voraussichtlich für mindestens 6 Monate bestehen (vgl. BSG, Urteil v. 12.8.2010, B 3 P 3/09 R, SozR 4-3300 § 45b Nr. 1). Dies folgt für den Anspruchstellerkreis des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 unmittelbar aus § 14 und ist als argumentum a maiore ad minus ("Erst-recht-Schluss") ebenso für den Kreis der weniger beeinträchtigten Menschen i. S. d. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 anzunehmen. Der 6-Monats-Zeitraum kann unterschritten werden, wenn die noch zu erwartende Lebensspanne weniger als 6 Monate beträgt. Das Nähere ist den Begutachtungsrichtlinien (§ 14 Ziff. 2) zu entnehmen.
Rz. 6
Als regelmäßig i. S. v. Abs. 2 Satz 2 erachtet das BSG eine Schädigung oder Fähigkeitsstörung dann nicht, wenn sie nur ein- bis zweimal pro Woche auftritt. Das BSG schließt aus dem Begriff der Alltagskompetenz, dass sich die Schädigung oder Fähigkeitsstörung praktisch täglich zeigen muss (BSG, Urteil v. 12.8.2010, B 3 P 3/09 R, a. a. O.).