Rz. 8
In allen Fällen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben darf die Schiedsstelle nur auf Antrag tätig werden. Die Vertragsparteien bestimmen durch ihre Antragstellung allein über die Einleitung eines Schiedsverfahrens; in gleicher Weise sind sie berechtigt, einem anhängigen Schiedsverfahren durch Antragsrücknahme oder im Wege einer gütlichen Einigung die Grundlage zu entziehen. Der Ablauf des Verfahrens sowie die hierfür geltenden Verfahrensprinzipien bestimmen sich im Wesentlichen nach den Ausführungsbestimmungen der gemäß Abs. 5 in den Ländern erlassenen Schiedsstellen-Verordnungen.
Rz. 9
Bei Schiedsstellenentscheidungen handelt es sich nach herrschender Auffassung um Verwaltungsakte i. S. d. § 31 SGB X, jedenfalls dann, wenn die Schiedsstellenentscheidung die Festsetzung von Pflegesätzen (§ 85 Abs. 5) und sonstigen Entgelten für die stationäre Versorgung oder die Festsetzung der Pflegevergütung für die häusliche Pflege (§ 89 Abs. 3 S. 4 i. V. m. § 85 Abs. 5) zum Gegenstand hat (grundlegend BSG, Urteil v. 14.12.2000, B 3 P 19/00 R unter Verweis auf die gleich lautende langjährige Rechtsprechung im Kassenarztrecht; bestätigend BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 3 P 3/08 R; zuletzt BSG, Urteil v. 25.1.2017, B 3 P 3/15 R; Leitherer, in: KassKomm., Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 76 Rz. 13; ferner Knittel, in: Krauskopf, Handbuch der Krankenversicherung, Bd. 2, § 76 Rz. 7). Entsprechendes gilt für Schiedsstellenentscheidungen zur Kürzung von Pflegevergütungen gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 (Leitherer, a. a. O.). Umstritten ist die Verwaltungsaktsqualität von Schiedsstellenentscheidungen hingegen im Schrifttum, soweit diese gemäß § 75 Abs. 4 den Inhalt von normsetzenden Rahmenverträgen festsetzen (verneinend Knittel, a. a. O., Rz. 6; bejahend für die Vertragspartner als Adressat der Entscheidung Leitherer, a. a. O.). Gegen die Rechtsnatur eines Verwaltungsaktes spricht, dass die von der Schiedsstelle festgesetzten Verträge gekündigt oder durch eine neue vertragliche Vereinbarung ersetzt werden können (vgl. § 75 Abs. 4 Satz 2 und 3). Auch wird nach anderer Literaturmeinung darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber im Gegensatz zu der Regelung des § 75 Abs. 4 für den Schiedsspruch in § 85 Abs. 5 Satz 3 und 4 ausdrückliche Verfahrensregelungen zum Vorverfahren und zur aufschiebenden Wirkung getroffen hat (deshalb ebenso kritisch aber im Ergebnis offengelassen Orthen, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 76 Rz. 18 ff.). Die Frage der Rechtsnatur von Schiedsstellenentscheidungen mit Rechtsetzungscharakter in Fällen des § 75 Abs. 4 kann jedenfalls in der Rechtsprechungspätestens mit dem Urteil des BSG v. 25.1.2017 (B 3 P 3/15 R) als geklärt angesehen werden. Einer Qualifizierung solcher Entscheidungen als "Verwaltungsakt" kann hiernach das Fehlen einer § 85 Abs. 5 Satz 4 vergleichbaren Regelung nicht entgegengehalten werden. Eines Vorverfahrens bedarf es nämlich hier nach der Rechtsprechung schon gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG nicht.
Rz. 10
Entscheidungen der Schiedsstelle durch Verwaltungsakt (z. B. in den Fällen des § 85 Abs. 5; § 89 Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 85 Abs. 5; 115 Abs. 3 Satz 3) sind mit der Klage vor der Sozialgerichtsbarkeit anfechtbar. Erstinstanzlich zuständig für Klagen gegen die Schiedsstelle gemäß § 76 sind seit 1.4.2008 nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Landessozialgerichte. Ein Vorverfahren findet nicht statt; die Klage hat keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 5 Satz 3 und 4; § 115 Abs. 3 Satz 4). Entsprechendes gilt nach der Rechtsprechung trotz Fehlens einer ausdrücklichen Regelung schon aus grundsätzlichen Erwägungen auch für eine Klage gegen den Schiedspruch in Fällen des § 75 Abs. 4 (BSG, Urteil v. 25.1.2017, B 3 P 3/15 R).
Problematisch stellte sich in der Vergangenheit der Rechtsschutz bei Entscheidungen der Schiedsstelle mit Normsetzungscharakter gemäß § 75 Abs. 4 dar, soweit man diesen keine Verwaltungsaktsqualität beimisst (vgl. hierzu Rz. 9). Während zum Teil im Schrifttum unter Hinweis auf die vertraglichen Möglichkeiten der Partner des Rahmenvertrages (Kündigung, Neuvereinbarung) die zulässige Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich verneint wird (so offensichtlich Knittel, in: Krauskopf, Handbuch der Krankenversicherung, Bd. 2, § 76 Rz. 8), ist dies – vorbehaltlich eines generellen gesetzlichen Rechtswegausschlusses (vgl. § 81 Abs. 2 Satz 3, § 82a Abs. 4 Satz 3) – nach anderer Ansicht aus Gründen der Rechtweggarantie und des Prinzips des effektiven Rechtsschutzes abzulehnen (vgl. hierzu im Einzelnen Orthen, a. a. O., Rz. 17 ff.). Spätestens mit dem Urteil des BSG v. 25.1.2017 (B 3 P3/15 R) hat (auch) dieser Meinungsstreit für die Praxis seine Bedeutung verloren. Die Rechtsprechung stellt insoweit nämlich klar, dass trotz Fehlens einer ausdrücklichen – § 85 Abs. 5 Satz 3 und 4 vergleichbaren - Regelung schon aus grundsätzlichen Erwägungen auch eine Klage gegen einen Schiedsspruch gemäß § 75 Abs. 4 vor der Sozialgerichtsbarkeit zulässig ist.
Das Verfahren nach § 81 Abs. 2, das mit e...