Rz. 16
Wenn bisher nur von leistungsgerechten Pflegesätzen im Gesetz die Rede war, verpflichtet Abs. 2 Satz 4 die Vertragsparteien nach § 85 Abs. 2 die Gesamtwirtschaftlichkeit des Pflegeheims unter Beachtung des Versorgungsauftrages näher zu beleuchten. Die Pflegesätze sollen nämlich dem Pflegeheim ermöglichen, bei wirtschaftlicher Betriebsführung den Versorgungsauftrag zu erfüllen.
Da es in dem hier vorliegenden Vergütungssystem keine Selbstkostendeckungsgarantie gibt, verbleibt das Risiko, Überschüsse oder Verluste zu erwirtschaften, beim Pflegeheim.
Rz. 17
Der Versorgungsauftrag, den es zu erfüllen gilt, ist im Versorgungsvertrag zwischen Landesverbänden der Pflegekassen und zugelassener Pflegeeinrichtung (Pflegeheim) festgelegt. Dort sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen bezeichnet, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind. Zur pflegerischen Versorgung in diesem Rahmen sind die zugelassenen Pflegeeinrichtungen verpflichtet (vgl. § 72 Abs. 1, 4). Dies ist bei Bemessung der Pflegesätze zu beachten. Auf das Problem der inhaltlichen Ausgestaltung der allgemeinen Pflegeleistungen wurde bereits an anderer Stelle aufmerksam gemacht (vgl. Rz. 9 ff.).
Rz. 18
Hinzu kommt aber das Erfordernis der wirtschaftlichen Betriebsführung, das gemeinsam mit der Erfüllung des Versorgungsauftrages die Pflegesätze der Höhe nach bestimmen soll, wenn man von der Übergangsregelung des Art. 49a PflegeVG einmal absieht.
Rz. 19
Eine ähnliche Regelung mit annähernd gleichem Wortlaut gibt es in der Krankenhausfinanzierung (vgl. § 17 Abs. 1 KHG). Auch hier müssen die Pflegesätze leistungsgerecht sein und einem Krankenhaus bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, den Versorgungsauftrag zu erfüllen.
Rz. 20
Mit der Vorschrift des Abs. 2 Satz 7 werden die Vertragsparteien eingeladen, die Pflegesätze von solchen Einrichtungen zu berücksichtigen, die im Wesentlichen gleichartig sind. Von einer diesbezüglichen Verpflichtung indes kann nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Regelung nicht die Rede sein (so hingegen BT-Drs. 16/7439 S. 71).
Den Maßstab für die Beurteilung der Gleichartigkeit bilden neben Art und Größe der Pflegeeinrichtung die Leistungs- und Qualitätsmerkmale, die nach Abs. 5 nunmehr in den Pflegesatzvereinbarungen und nicht mehr in den Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen nach § 80a a.F. festzulegen sind.
Einrichtungen, deren Pflegequalität nicht den erforderlichen Standard erreicht, bleiben unberücksichtigt. Der Pflegesatz eines qualitativ mangelhaften Heims darf kein Bestimmungsfaktor für die Vergütung eines qualitativ hochwertigen Pflegeheims sein. Nicht vergleichbar sind im Übrigen die Pflegesätze von Einrichtungen, die sich auf bestimmte Gruppen von Pflegebedürftigen spezialisiert haben, mit denen von Einrichtungen, die jedermann offenstehen.
Rz. 21
Verbindlich ist zudem nach Abs. 2 Satz 6 bei Ermittlung der Pflegesätze die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (vgl. § 70 i.V.m. Art. 49b PflegeVG).
Zur Gewährleistung dieses Grundsatzes erwartet der Gesetzgeber im Pflegesatzverfahren, dass mögliche Wirtschaftlichkeitsreserven ausgeschöpft werden. Im Übrigen gilt im gesamten Sozialrecht der Grundsatz wirtschaftlichen Handelns.
Rz. 22
Unter Beachtung der vorgenannten Eckpunkte werden die Pflegeheime ihre Kosten (insbesondere Personal- und Sachkosten) unter Berücksichtigung des erforderlichen Leistungsangebots nach diesem Gesetz permanent zu kontrollieren haben. Eine wirtschaftliche Betriebsführung wird u.a. erreicht durch
- die Organisation optimaler Betriebsabläufe (Vermeidung langer Wege usw.)
- leistungsabhängigen Personaleinsatz
- Optimierung des Wirtschaftsbereichs (Küche, Reinigung usw.)
- zentralen Einkauf
- Kooperation mit anderen Pflegeheimen.
Rz. 23
Mit der Orientierung der Pflegesätze an der Leistung usw. sind Anreize verbunden, die wirtschaftliches Handeln und Verhalten fördern. Zwar sollen Überschüsse dem Pflegeheim verbleiben, jedoch sind Verluste von ihm zu tragen. Bei wirtschaftlicher Betriebsführung unterstellt der Gesetzgeber, dass positiver wie negativer Erfolg größeren Umfangs ausbleibt.