Prof. Dr. René Schäfer, Simon Hauck
Rz. 38
Die 5-jährige Behaltensfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG, wonach der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren nicht veräußern oder aufgeben darf, ist in den vorstehenden Beispielsfällen 2 und 3 zu beachten, während in den anderen Fällen die Behaltensfrist nicht zur Anwendung kommt, da die Übertragungen hier gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG erfolgen.
Rz. 39
Veräußert oder gibt der Rechtsnachfolger den gesamten übernommenen Mitunternehmeranteil innerhalb der 5-Jahresfrist auf, so entfällt rückwirkend (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) das im Rahmen der Übertragung gewährte Buchwertprivileg. Für die gesamte Übertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG sind in diesem Fall rückwirkend auf den ursprünglichen Übertragungsstichtag die Teilwerte anzusetzen. Der dabei beim Übertragenden entstehende Gewinn ist laufender Gewinn (§ 16 Abs. 1 Satz 2 EStG i. V. m. § 16 Abs. 3 EStG), welcher auch der Gewerbesteuer unterliegt. Der Übernehmer hat die aufgedeckten stillen Reserven in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren, was gegebenenfalls zu einer höheren Bemessungsgrundlage für die Abschreibung (AfA) führt.
Rz. 40
Strittig ist, ob eine teilweise Veräußerung des übernommenen Mitunternehmeranteils innerhalb der 5-jährigen Sperrfrist zum rückwirkenden Wegfall des vollständigen Buchwertprivilegs oder, lediglich anteilig bzw. nicht zur rückwirkenden Aufdeckung der stillen Reserven führt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung führt sowohl die Veräußerung eines Teils des übernommenen Mitunternehmeranteils, eines Teils des übernommenen (Nur-)Gesamthandsvermögens, als auch eines Teils des übernommenen funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens zur rückwirkenden vollständigen Aufdeckung der stillen Reserven (Versagung des Buchwertprivilegs). Lediglich sofern der Rechtsnachfolger bereits vor der Übertragung an der Mitunternehmerschaft beteiligt war, ist eine Veräußerung bis zu der vor der Übertragung bestehenden Quote zulässig.
Die unentgeltliche Weiterübertragung innerhalb der Sperrfrist ist nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht schädlich. Allerdings tritt der Übernehmer in diesem Fall in die Behaltensfrist des bisherigen Rechtsnachfolgers ein.
Rz. 41
Neben dieser Behaltensfrist findet das Buchwertprivileg des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG grundsätzlich nur Anwendung, wenn das zurückbehaltene Wirtschaftsgut (beim Übertragenden) weiter zum (Sonder-)Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehört. Zwar ist die Verbleibensdauer des zurückbehaltenen Sonderbetriebsvermögens nicht gesetzlich geregelt, allerdings wird nach Auffassung der Finanzverwaltung gerade keine dauerhafte Zugehörigkeit zu derselben Mitunternehmerschaft vorausgesetzt, sodass das Wirtschaftsgut zu einem späteren Zeitpunkt von dem Übertragenden zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes Betriebsvermögen übertragen werden kann, ohne dass es zu einem rückwirkenden Entfall des Buchwertprivilegs kommt.
Auch eine Veräußerung oder Entnahme kurz nach der unentgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils sollte mit Verweis auf die BFH-Rechtsprechung nach herrschender Auffassung möglich sein.
Im Ergebnis und auch basierend auf der nahezu vollständig aufgegebenen Gesamtplanrechtsprechung soll nach Auffassung der herrschenden Literatur jegliche Überführung, Entnahme oder Veräußerung des zurückbehaltenen Sonderbetriebsvermögens nach Übertragung des Teilmitunternehmeranteils unschädlich für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG sein. Da das BMF-Schreiben v. 20.11.2019 zur Entnahme respektive Veräußerung allerdings keine eindeutigen Ausführungen enthält und der Gesetzeswortlaut – folgt man der Auffassung der herrschenden Literatur – insoweit leerlaufen würde, erscheint es allerdings fraglich, ob auch die Finanzverwaltung eine Veräußerung respektive Entnahme im Anschluss an die unentgeltliche Übertragung des Teilmitunternehmeranteils als unschädlich ansieht.