Leitsatz
Bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit kommt – außer in den Fällen der ausschließlichen bzw. der abgrenzbaren mehrjährigen Sondertätigkeit – die Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG auch dann in Betracht, wenn eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste auf der Grundlage einer arbeitnehmerähnlichen Stellung geleistet wird.
Normenkette
§ 34 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Steuerberater und war ab 1.1.1989 auf der Basis eines Dienstleistungsvertrags als kaufmännischer Leiter in einem Industrieunternehmen tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die steuerrechtliche und wirtschaftliche Beratung des Unternehmens. Für seine Tätigkeit von mindestens 3,5 Tagen pro Woche erhielt er eine feste monatliche Vergütung. Neben seiner Tätigkeit für das Industrieunternehmen betreute der Kläger als selbstständiger Steuerberater noch einige kleinere Mandate.
Als das Unternehmen 1998 verkauft wurde, zahlten die Veräußerer dem Kläger als Dank für die jahrelange treue Zusammenarbeit eine Sondervergütung von 1 Mio. DM. Das FA lehnte eine Verteilung der Sondervergütung auf drei Jahre gem. § 34 Abs. 3 EStG ab. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Er sah die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG als gegeben.
Die Steuerberechnung übertrug der BFH nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA.
Hinweis
1. Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 34 Abs. 3 EStG im Rahmen von Gewinneinkünften grundsätzlich nicht anzuwenden ist; er hält die Vorschrift aber ausnahmsweise auf Einkünfte aus selbstständiger Arbeit dann für anwendbar, wenn eine Vergütung entweder für eine ausschließliche oder für eine abgrenzbare mehrjährige Sondertätigkeit gezahlt worden ist (vgl. BFH, Urteile vom 17.2.1993, I R 119/91, BFH/NV 1993, 593; vom 6.10.1993, I R 98/92, BFH/NV 1994, 775). Das ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem Veranlagungszeitraum entlohnt worden ist.
Diese Ausnahmefälle hat der BFH im Besprechungsurteil um die Variante erweitert, dass eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste auf der Grundlage einer arbeitnehmerähnlichen Stellung geleistet wird.
2. Der BFH hält hier eine Ausnahme von der nur beschränkten Anwendbarkeit des § 34 Abs. 3 EStG bei Gewinneinkünften deshalb für angebracht, weil der Kläger aus seiner Tätigkeit keine schwankenden Gewinne, sondern eine feste monatliche Vergütung bezog, die jeweils im April zusammen mit den Festgehältern der leitenden Angestellten angepasst worden ist. Auch seinen Urlaub musste der Kläger mit der Geschäftsleitung abstimmen. Damit war die Ähnlichkeit der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit mit der eines Arbeitnehmers evident.
Unter diesen Umständen würde nach Auffassung des BFH die Versagung der Steuerbegünstigung des § 34 Abs. 3 EStG gegen das verfassungsrechtliche Gebot der prinzipiellen Gleichbehandlung der Einkunftsarten verstoßen (Hinweis auf BVerfG; Beschluss vom 30.9.1998, BVerfGE 99, 88).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.7.2004, XI R 44/03