Leitsatz
Beruht die Zusammenfassung der Tätigkeit einer kommunalen Bädergesellschaft mit den Tätigkeiten kommunaler Versorgungsbetriebe im Rahmen der Spartenrechnung (§ 8 Abs. 9 KStG) darauf, dass mit einem der Bäder eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG), kann die erforderliche Verflechtung "von einigem Gewicht" auch dadurch entfallen, dass dieses Bad aus Sicht des Bäderbetriebs an Bedeutung verliert, weil es für den Publikumsverkehr geschlossen und nur noch als Reservebad im Stand-by-Betrieb vorgehalten wird. Maßgebend ist die tatrichterliche Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls.
Normenkette
§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 3 Satz 2, Abs. 7 Satz 1 Nr. 2, Abs. 9, § 15 Satz 1 Nr. 4 und 5, § 34 Abs. 6 Sätze 4, 5 und 9, Abs. 10 Sätze 4 und 5 KStG, § 7 Satz 5 GewStG, Art. 107 Abs. 1, Art. 108 Abs. 3 AEUV
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine kommunale Eigengesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Alleinige Gesellschafterin ist die Stadt X (Stadt). Unternehmensgegenstand ist die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme. Außerdem hält die Klägerin 99 % der Anteile der Bädergesellschaft X mbH (X GmbH), die mehrere öffentliche Hallen- und Freibäder betreibt. Die übrigen Anteile der X GmbH hält die Stadt.
Zwischen der Klägerin und der X GmbH bestand seit 1996 ein steuerlicher Querverbund i.S.d. Abschn. 5 Abs. 9 und Abs. 11a der KStR 1995. Grundlage war zunächst eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung durch den Betrieb eines Blockheizkraftwerks im Hallenbad Y.
Im Jahr 2004 wurde das Blockheizkraftwerk durch zwei Gas-Heizkessel ersetzt. Diese Heizkessel deckten sowohl den Wärmebedarf des Hallenbads als auch – über ein gesondertes Nahwärmesystem – den Wärmebedarf von drei in der Nähe gelegenen Stadtvillen. Dass trotz dieser Änderung weiterhin eine enge technische und wirtschaftliche Verflechtung i.S.d. Abschn. 5 Abs. 9 KStR und damit ein steuerlicher Querverbund bestand, war Gegenstand der verbindlichen Auskunft.
Am 23.7.2011 wurde das Hallenbad Y für den Publikumsverkehr geschlossen. Auch die weiteren Hallenbäder der X GmbH schlossen im Jahr 2011. Am 10.9.2011 eröffnete dafür das neu errichtete Z Bad. Das Hallenbad Y wurde noch bis zum 17.8.2012 als Reservebad in Betriebsbereitschaft gehalten. In der Zeit vom 9.7.2012 bis zum 17.8.2012 wurde es während einer vorübergehenden Schließung des neuen Hallenbades wieder für den Publikumsverkehr geöffnet.
Um den steuerlichen Querverbund beizubehalten, errichtete die X GmbH in dem neuen Hallenbad ein Biogas-Blockheizkraftwerk. Mit der verbindlichen Auskunft vom 14.5.2012 bestätigte das FA, dass die Voraussetzungen des steuerlichen Querverbunds ab 1.6.2012, dem Zeitpunkt der vollständigen Anbindung des Kraftwerks, (wieder) vorliegen.
Dagegen erkannte das FA für den Zeitraum vom 23.7.2011 bis zum 30.5.2012 keinen steuerlichen Querverbund an und wies für das Jahr 2011 anteilige Verluste der X GmbH nicht der Sparte "Energie- und Wasserversorgung", sondern einer gesonderten Sparte 3 zu.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 11.5.2017, 10 K 2308/14 K,G,F, Haufe-Index 11003437).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen zurück.
Hinweis
1. Ebenso wie das zuvor in diesem Heft abgedruckte Urteil handelt auch die Besprechungsentscheidung vom sog. steuerlichen Querverbund. Wieder geht es um die Zulässigkeit der Verrechnung von Verlusten eines Bäderbetriebs mit den Gewinnen eines Versorgungsbetriebs.
2. Die Bedeutung der Spartenrechnung für die Verlustverrechnung wurde im zuvor abgedruckten Beitrag ebenfalls bereits angesprochen. Vorliegend geht es um das gesetzliche Tatbestandsmerkmal "Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind" (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG). Zwei zusammenfassbare Tätigkeiten können einer einzigen Sparte zugeordnet werden. Ist also eine der beiden Tätigkeiten verlustträchtig, die andere gewinnträchtig, dann steht der Verlustverrechnung innerhalb derselben Sparte nichts im Wege.
3. Eine Zusammenfassung von Tätigkeiten i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG setzt unter anderem voraus, dass zwischen den zwei Betrieben/Tätigkeiten nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG). Es ist anerkannt, dass eine solche Verflechtung bestehen kann zwischen einem Bäderbetrieb und einem Versorgungsbetrieb. Eine hinreichende Verflechtung besteht insbesondere dann, wenn ein Heizkraftwerk im Schwimmbad betrieben wird, das sowohl den Wärmebedarf des Schwimmbades als auch solcher Gebäude deckt, die Kunden des Versorgungsbetriebs gehören.
Vorliegend bestand aber das Problem, dass das fragliche (alte) Hallenbad im maßgeblichen Besteuerungszeitraum für den Publikumsverkehr geschlossen war, da die Kommune bereits ein neues Hallenbad eröffnet hatte. Do...