Leitsatz
* Eine Spontanauskunft an die Steuerverwaltung der USA ist schon dann zulässig, wenn die ernstliche Möglichkeit besteht, dass ein bestimmter Vorgang zu einem abkommensrechtlichen Besteuerungsrecht der USA führt und dass die dortigen Behörden ohne die Auskunft von dem Vorgang keine Kenntnis erhalten.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
Art. 26 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA , § 30 AO , § 117 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsgegner, das BfF, berechtigt ist, der Steuerverwaltung der USA eine Spontanauskunft über steuerliche Verhältnisse des Antragstellers zu erteilen.
Letzterer war seit 1996 Vorstandsmitglied einer deutschen AG (X-AG). Ob dieses Dienstverhältnis – wie der Antragsteller vortrug – zum 30.9.1999 geendet hat, war nicht abschließend geklärt. Jedenfalls wurde der Antragsteller über diesen Zeitpunkt hinaus für die X-AG tätig, wobei zu seinen Aufgaben die Veräußerung von Beteiligungen der X-AG gehörte.
Zu diesen Beteiligungen zählte ein Anteil an der Y-LP, einer US-amerikanischen Personengesellschaft, an der neben der X-AG die in den USA ansässige Y-Inc. beteiligt war. Zwischen der Y-Inc. und der X-AG wurden Verhandlungen über den Verkauf des Anteils an der Y-LP geführt, für den die Y-Inc. zunächst 1 Mio. US-$ bot. Im weiteren Verlauf kam es zum Abschluss eines privatschriftlichen Vertrags zwischen der X-AG und dem Antragsteller, durch den der Antragsteller selbst den Anteil für 1,3 Mio. US-$ erwarb. Später wurde der Gesellschaftsanteil für 2,2 Mio. US-$ an die Y-Ltd. veräußert; die X-AG vereinnahmte diesen Kaufpreis und leitete ihn an den Antragsteller weiter.
Das FA sah die Veräußerung der Gesellschaftsanteile an den Antragsteller als verdeckte Abfindung im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses bei der X-AG an. Es erließ deshalb ESt-Bescheide, in denen es Einkünfte des Antragstellers i. H.d. Gewinns aus der Weiterveräußerung der Anteile ansetzte. Der Antragsteller hat diese Bescheide angefochten.
Der Antragsteller wandte u.a. ein, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile nach DBA-USA in den USA zu versteuern und von der deutschen ESt freigestellt sei. Da er unstreitig in den USA keine Steuerklärungen abgegeben hatte, legte das FA daraufhin den Vorgang dem BfF zwecks Erteilung einer Auskunft an die US-amerikanische Finanzverwaltung vor. Dementsprechend gab das BfF dem Antragsteller bekannt, dass es eine Spontanauskunft für gerechtfertigt halte.
Die US-Steuerbehörde teilte dem BfF auf Anfrage mit, dass die Verjährungsfrist für die ESt-Festsetzung grundsätzlich 3 Jahre ab Fälligkeit des Zuflusses betrage. Ob nach dem Recht der USA der Anlauf der Verjährungsfrist von der Abgabe einer Steuererklärung abhängt oder ob die Festsetzungsfrist sich im Fall einer Steuerhinterziehung verlängert, war nicht Gegenstand der Anfrage.
In weiterem Schriftwechsel mit dem Antragsteller lehnte das BfF es ab, die Auskunft an die US-Steuerbehörde bis zur Entscheidung des FG zurückzustellen. Daraufhin beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, das dem BfF eine Spontanauskunft bis zum Abschluss des anhängigen Klageverfahrens untersagt werde. Diesem Antrag hat das FG stattgegeben (EFG 2005, 78).
Entscheidung
Der BFH war im summarischen Prüfungsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anderer Ansicht. Er hielt die geplante Auskunft für gerechtfertigt und insbesondere für erforderlich, um den etwaigen Steueranspruch in den USA durchzusetzen. Dass das in concreto "die Gefahr einer mehrfachen Besteuerung infolge unterschiedlicher Einkünftequalifikation" mit sich bringen könne, sei hinzunehmen; eine solche Gefahr sei "mit der Verwirklichung grenzüberschreitender Sachverhalte immer verbunden"(!).
Hinweis
1. Vor allem zwischen den Industrienationen ist ein verstärktes Gebrauchmachen sog. Spontanauskünfte des FA an eine ausländische Finanzverwaltung zu beobachten. Die Berechtigung dazu ergibt sich aus etlichen DBA, welche Art. 26 OECD-MA nachgebildet sind, sowie aus dem EG-Amtshilfe-Gesetz (EGAHG).
2. Gängigerweise werden hiernach unterschieden:
- Auskünfte über Steuerangelegenheiten eines im anderen Staat Ansässigen auf Ersuchen der ausländischen Behörden erteilt (vgl. § 2 Abs. 1 EGAHG);
- die automatische Auskunftserteilung, also den routinemäßigen Austausch von Steuerinformationen (vgl. § 2 Abs. 3 EGAHG);
- die schon erwähnte sog. Spontanauskunft ohne konkretes Auskunftsersuchen eines ersuchenden Staats (vgl. § 2 Abs. 2 EGAHG).
Im Einzelnen werden die "Arten des Auskunftsverkehrs" auch in Nr. 9 des OECD-Musterkommentars zu Art. 26 OECD-MA aufgelistet und im Folgenden näher ausgeführt. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang nicht zuletzt die abkommensrechtlich ermöglichte staatenübergreifenden Simultanprüfung der Steuerangelegenheiten eines Steuerpflichtigen, insbesondere zur Verprobung von Verrechnungspreisen (vgl. BMF, Merkblatt vom 3.2.1999, BStBl I 1999, 228, 974).
3. Im Beschlussfall ging es um die Zulässigkeit einer Spontanausku...