OFD Frankfurt, Verfügung v. 28.2.2007, S 2241 A - 94 - St 213
1. Berufsrechtliche Voraussetzungen
In der Vergangenheit mussten ärztliche Berufsausübungsgemeinschaften immer das gesamte ärztliche Leistungsspektrum umfassen. Nach § 18 Abs. 1 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen in der Neufassung von 2004 können nunmehr Berufsausübungsgemeinschaften auf einzelne Leistungen beschränkt werden. Dies bedeutet, dass Ärztinnen und Ärzte, die an ihrer (Einzel-)Praxis festhalten wollen, für die Erbringung bestimmter Leistungen geregelte Kooperationen eingehen können.
Beispiel:
Eine Kinderärztin kooperiert regelmäßig einmal pro Woche mit einem Neurologen, um gemeinsam Kinder mit neurologischen Problemen zu versorgen. In der sonstigen Zeit führen sowohl der Neurologe als auch die Kinderärztin an ihrem Praxissitz eine Einzelpraxis.
In diesen Fällen kommt der Behandlungsvertrag mit der Teilgemeinschaftspraxis zustande. Innerhalb dieser Teilgemeinschaftspraxis ist es zulässig, dass die Leistungserbringung zwischen den Beteiligten aufgegliedert wird. Allerdings muss es sich auch hier wie sonst bei Gemeinschaftspraxen um eine angekündigte und auf Dauer angelegte systematische Kooperation mit gemeinsamem Patientenstamm handeln. Voraussetzung für die gemeinsame Berufsausübung ist ferner, dass die beteiligten Ärzte mehr oder minder gleiche Rechte und Pflichten haben und jeder Gesellschafter an unternehmerischen Chancen und Risiken beteiligt ist, was typischerweise in einer prozentualen Gewinn- und Verlustbeteiligung, in einer Mitwirkung an Investitions- und Personalentscheidungen und in einer Kapitalbeteiligung zum Ausdruck kommt.
2. Mitunternehmerschaft
Die Teilgemeinschaftspraxis ist eine Personengesellschaft, in der Regel eine GbR oder Partnerschaftsgesellschaft, bei der aufgrund der unter 1. erläuterten berufsrechtlichen Voraussetzungen die Kriterien für eine Mitunternehmerschaft erfüllt sind. Die Partner können zumindest durch die Ausübung gesellschaftlicher Kontrollrechte Mitunternehmerinitiative entfalten und tragen auch Mitunternehmerrisiko, weil sie am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven einschließlich eines etwaigen Praxiswerts der Berufsausübungsgemeinschaft beteiligt sind.
3. Einkunftsart
Um die Einkünfte der Teilgemeinschaftspraxis qualifizieren zu können, ist in jedem Fall zu prüfen, ob außer der freiberuflichen Tätigkeit auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden, die zur Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG führen mit der Folge, dass die Teilgemeinschaftspraxis insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt.
Beispiel:
Ein Allgemeinmediziner geht mit einem Laborarzt für Leistungen im Bereich der Rheuma-Diagnostik eine Kooperation ein. Da der Laborarzt nicht jeden eingegangenen Untersuchungsauftrag nach Inhalt und Fragestellung zur Kenntnis nehmen und die Plausibilität des Ergebnisses prüfen kann, ist er nicht eigenverantwortlich tätig. Der Laborarzt erzielt gewerbliche Einkünfte, die gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf die Teilgemeinschaftspraxis abfärben.
Zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit der Teilgemeinschaftspraxis kommt es allerdings nur dann, wenn der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit die vom BFH mit Urteil vom 11.8.1999, XI R 12/98, BStBl 2000 II S. 229, aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze (1,25 %) überschreitet.
4. Verfahren
Für die Teilgemeinschaftspraxis ist eine Steuernummer zu erteilen und die Einkünfte der Gesellschafter sind nach §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2a AO gesondert und einheitlich festzustellen.
5. Zuordnung von Wirtschaftsgütern und Betriebsausgaben
Die im Zusammenhang mit den Betriebseinnahmen der Teilgemeinschaftspraxis stehenden Betriebsausgaben fallen üblicherweise in den Herkunftspraxen der Partner an bzw. werden diesen von Dritten in Rechnung gestellt. Da diese Aufwendungen unmittelbar durch die ärztliche Tätigkeit in der Berufsausübungsgemeinschaft veranlasst sind und nicht durch die Berufsausübung in der Herkunftspraxis, liegen insoweit Sonderbetriebsausgaben der Partner bei der Teilgemeinschaftspraxis vor. Die Zuordnung bei der Teilgemeinschaftspraxis hat nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG Vorrang vor der Zuordnung bei der Herkunftspraxis.
Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Sonderbetriebsvermögen gilt Folgendes:
Variante 1
Das Wirtschaftsgut wird in vollem Umfang von der Teilgemeinschaftspraxis genutzt. In diesen Fällen muss zwingend nach der ständigen Rechtsprechung, der die Finanzverwaltung folgt, eine Zuordnung des Wirtschaftsgutes zum Sonderbetriebsvermögen der Gemeinschaftspraxis erfolgen, siehe BMF-Schreiben vom 10.12.1979, IV B 2 – S 2241 – 138/79.
Variante 2
Das Wirtschaftsgut wird zu mehr als 50 % in der Einzelpraxis genutzt. Aufgrund der überwiegenden Nutzung durch die Einzelpraxis ist das Wirtschaftsgut der Einzelpraxis zuzuordnen, vgl. Plückebaum in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 RdNr. B 27.
Variante 3
Das Wirtschaftsgut wird zu mehr als 50 % in der Teilgemeinschaftspraxis genutzt. Auf Grund der überwiegenden Nutzun...