3.3.1 Vollstreckungs- und Verwertungssperren
Wenn das Finanzgerüst eines Unternehmens wackelt, hilft es, zunächst den Wind abzuschirmen, der aus Gläubigerrichtung bläst. Dies gibt wertvolle Zeit, um an den Stellschrauben zu drehen und das Unternehmen, z. B. mit neuen Finanzspritzen zu stabilisieren. Sehr hilfreich sind dabei Vollstreckungs- und Verwertungssperren, die sog. Stabilisierungsanordnungen, denen das Restrukturierungsgericht auf Antrag stattgeben kann.
Vollstreckungssperre bedeutet, dass laufende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen untersagt oder einstweilen eingestellt werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG).
Bei einer Verwertungssperre wird gerichtlich untersagt, dass Aus- und Absonderungsrechte durchgesetzt werden bzw. erlaubt, dass sie zur Fortführung des Unternehmens eingesetzt werden können, wenn sie dafür von erheblicher Bedeutung sind (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG).
Solche Sperren werden nicht ohne Weiteres vom Gericht angeordnet. Das beantragende Unternehmen muss u. a. einen Finanzierungsplan mit vorlegen, der nachvollziehbar aufzeigt und belegt, dass die Finanzierung für die nächsten 6(befristet bis zum 31.12.2023 4) Monate sichergestellt ist (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG; § 4 Abs. 2 SanInsKG). Wer in den letzten 3Jahren seinen Rechnungspflichten nicht nachgekommen ist oder Löhne, Sozialversicherungsbeiträge, Steuern oder Lieferanten nicht bezahlt hat, hat es zudem schwerer Vollstreckungs- oder Verwertungssperren zu erwirken (§ 51 Abs. 2 StaRUG).
Vollstreckungs- und Verwertungssperren werden maximal für drei Monate angeordnet mit einmonatiger Verlängerungsoption (§ 53 Abs. 1, 2 StaRUG).
3.3.2 Vertragsrechtliche Wirkung von Stabilisierungsanordnungen
Der Gläubiger darf nicht allein wegen der rückständigen Leistung eine ihm im Anordnungszeitraum obliegende
- Leistung verweigern oder
- Vertragsbeendigungs- oder -abänderungsrechte geltend machen,
wenn das Unternehmen ihm zum Zeitpunkt der Stabilisierungsanordnung etwas schuldet (§ 55 Abs. 1 StaRUG). Diese Einschränkung für Gläubiger gilt nur, wenn das Unternehmen auf dessen Leistung angewiesen ist (§ 55 Abs. 2 StaRUG).
Dabei geht es um die Erhaltung des Status quo bei Anordnung der Stabilisierungsmaßnahme. Gläubiger können hingegen aktiv eine Vergrößerung ihres eigenen wirtschaftlichen Risikos verhindern. So dürfen sie, wenn sie vorleistungspflichtig sind, eine Sicherheitsleistung verlangen, auf einer Zug-um-Zug-Leistung bestehen oder, wenn sie Darlehensgeber sind, wegen verschlechterter Vermögensverhältnisse oder der Sicherheitenwertigkeit kündigen, falls das Darlehen noch nicht ausgezahlt ist (§ 55 Abs. 3 StaRUG).