Leitsatz
Streitig ist der Ansatz eines gezahlten Vergleichsbetrags aufgrund der Auflösung eines fehlerhaften Darlehensvertrages als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger ist der Ansicht, dass der gezahlte Vergleichsbetrag keiner Einkunftserzielungsabsicht unterliege.
Sachverhalt
Zu Finanzierung eines Hausgrundstücks nahm der Kläger im Jahr 2003 bei der X-Bank einen Kredit in Höhe von 245.000 EUR auf. Die Zinsbindung lief am 31.3.2018 aus. Aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung wurde der Darlehensvertrag durch Zahlung der Restvaluta in Höhe von 126.718,54 EUR rückwirkend auf den 31.10.2014 beendet. Der am 27.1.2017 geschlossene Vergleich sah unter anderem vor, dass die X-Bank dem Kläger einen Vergleichsbetrag in Höhe von 11.500 EUR zu zahlen hatte. Die X-Bank unterwarf den Betrag bei Auszahlung dem Kapitalertragsteuerabzug. In seiner Einkommensteuererklärung 2017 beantragte der Kläger die Rückerstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer, da keine Einkunftserzielungsabsicht gegeben sei. Da der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 3.12.2018 die Vergleichszahlung den Einkünften aus Kapitalvermögen zugewiesen hat, erhob der Kläger zulässig Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid. Seinen Einspruch begründete er dahingehend, dass nur dann Kapitalertrag vorliegen könne, wenn die gezahlten Darlehenszinsen niedriger seien als der von der Bank gezahlte Ersatz. Da dies nicht der Fall sei, liege hier kein Kapitalertrag vor. Mit Einspruchsentscheidung vom 28.5.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. In seiner Begründung führte er aus, dass in dem Nutzungsersatz, welchen der Kläger erhalten hat, immer dann ein Kapitalertrag zu sehen ist, wenn das Darlehen wegen mangelnder Widerrufsbelehrung rückabgewickelt wird und hieraus dem Darlehensnehmer ein Ausgleichsanspruch entsteht.
Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger Klage. In seiner Klagebegründung führte er aus, dass es sich lediglich um eine Kompensationszahlung handele und nicht um eine Nutzungsentschädigung. Hätte die X-Bank dem Kläger eine Nutzungsentschädigung gezahlt wäre diese mit mindestens 31.000 EUR ausgefallen. Ferner sei die Rückabwicklung eines Widerrufs eines Darlehensvertrages höchstrichterlich geklärt. Danach schulde der Darlehensgeber die komplett gezahlten Bereitstellungszinsen in Höhe von 3.552,29 EUR und die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.500 EUR. Die dann übrig gebliebenen 5.447,41 EUR stellen eine reine Kompensationszahlung dar und damit einen Schadensersatz, der keiner Einkunftserzielung unterliege. Nach Ansicht des Beklagten hat ein Darlehensnehmer bei Widerruf eines Darlehensvertrages aufgrund mangelnder Widerrufsbelehrung ein Recht auf Zahlung eines Nutzungsersatzes. Dieser wurde nach Ansicht des Beklagten in der Vergleichsvereinbarung festgehalten.
Entscheidung
Das FG wies die Klage als unbegründet zurück. Nach Ansicht der Richter wurde die Nutzungsentschädigung zu Recht in voller Höhe als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt und der Abgeltungssteuer unterworfen. In der Urteilsbegründung führen die Richter aus, dass unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeglicher Art fallen. Erforderlich ist eine Überlassung von privatem Geldvermögen an Dritte. Ist dies geschehen gehören alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung sind, zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass bei der Beendigung eines Darlehensvertrages wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen schuldet. Als Verzugszinsen wird widerlegbar vermutet, dass für die Nutzung ein Zinssatz von 5 % über dem Basiszins angenommen wird.
Hinweis
Abweichend hierfür vertritt das FG Baden-Württemberg die Ansicht, dass der Anspruch des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz keinen Kapitalertrag darstelle, da es sich lediglich um eine interessengerechte Rückabwicklung des Darlehensverhältnisses handele. Das Verfahren ist beim BFH anhängig, Az beim BFH 8 K 1516/18. In einem solch gelagerten Fall empfiehlt es sich daher Einspruch einzulegen und ein Ruhen des Verfahrens zu beantragen.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 27.01.2021, 2 K 1590/19