Rz. 157
Der baldige Abbruch eines Gebäudes kann aus städtebaulichen Gründen (z.B. Erweiterung der städtischen Infrastruktur), aus vertraglichen Gründen (z.B. Abbruchsverpflichtung nach Ablauf des Erbbaurechtes) oder aus anderen Gründen (z.B. veraltete Gestaltung des Gebäudes) veranlasst sein. Ein Abschlag wegen der Notwendigkeit baldigen Abbruchs ist nur dann begründet, wenn für den Feststellungszeitpunkt auch feststeht, dass das Gebäude vorzeitig abgebrochen werden muss. Alleine die bloße Vermutung der Notwendigkeit eines Abbruches reicht dafür jedoch nicht aus. Soweit es sich um die Notwendigkeit baldigen Abbruchs aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung handelt, ist die zu § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG – Abschlag im Falle des Abbruchs nach Ablauf der Miet- und Pachtzeit bei Gebäuden auf fremdem Boden – ergangene BFH-Rechtsprechung entsprechend anwendbar. Zusätzlich ist erforderlich, dass die vertragliche Abbruchverpflichtung auch eindeutig und unbedingt besteht. Nicht hingegen bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung.
Rz. 158
Die Notwendigkeit des baldigen Abbruchs kann sich auch unter Berücksichtigung bloßer subjektiver Aspekte ergeben, z.B. ein Abriss wegen unzweckmäßiger bzw. nicht mehr zeitgemäßer Gestaltung. Erfasst werden durch das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit daher nicht nur Fälle eines Abbruchs, in denen der Abbruch objektiv notwendig ist, sondern auch solche, die nur seitens der Eigentümer des Grundstücks als notwendig erscheinen. Eine andere Auslegung kann dem Wortlaut der Vorschrift m.E. nicht entnommen werden.
Rz. 159
Für einen Abschlag nach § 82 Abs. 1 Nr. 3 BewG muss es sich um einen baldigen Abbruch handeln. Die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals wird regelmäßig dann als erfüllt angesehen, wenn das Gebäude innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem Feststellungszeitpunkt abgebrochen wird. Wenn für einen Abschlag wegen der Notwendigkeit "baldigen" Abbruchs nach § 82 Abs. 1 Nr. 3 BewG der Abbruch innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem Feststellungszeitpunkt gefordert wird, so bedeutet das nicht, dass ein Bewertungsabschlag unzulässig wird, wenn der Abbruch erst nach einem länger als zehn Jahre währenden Zeitraum stattfinden muss. Das ergibt sich bereits daraus, dass die wertmindernden Gründe in § 82 Abs. 1 Nr. 1–3 BewG nicht erschöpfend aufgeführt sind. In diesen Fällen des späteren Abbruchs ist es erforderlich, nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, ob bzw. in welcher Höhe ein Abschlag vorzunehmen ist. Unbedingt erforderlich ist aber auch hier, dass der Abbruch tatsächlich feststehen muss. Eine bloße Vermutung genügt auch hier nicht.
Rz. 160
Für Grundstücke in Sanierungsgebieten (vgl. §§ 136 ff. BauGB) gelten insoweit keine Besonderheiten. Die tatsächliche Verwendungsdauer von Gebäuden, die in Sanierungsmaßnahmen einbezogen sind, kann gegenüber der voraussichtlichen technischen Lebensdauer verkürzt sein. Der Umstand allein, dass sich ein Grundstück in einem Sanierungsgebiet befindet, rechtfertigt jedoch noch keinen Abschlag nach § 82 Abs. 1 Nr. 3 BewG. Im Einzelfall können sich bei Sanierungen allerdings infolge von steigenden Bodenwerten Werterhöhungen ergeben. Zum Teil lässt die Finanzverwaltung zur Vermeidung von Härtefällen es aber zu, dass Abschläge für Grundstücke in Sanierungsgebieten auch dann gewährt werden, wenn zwar nicht eindeutig, jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass das Gebäude innerhalb von zehn Jahren nach dem Feststellungszeitpunkt abgebrochen werden muss.
Rz. 161
Wertmäßig macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob Planfeststellungen, baurechtliche Änderungen wie bauplanungsrechtliche Nutzungsänderungen, städtebauliche Maßnahmen wie Umlegung und Sanierung im Einzelfall hoheitlich durchgesetzt und ggf. entschädigt oder durch Vereinbarungen, Verträge bzw. städtebauliche oder öffentlich-rechtliche Verträge gem. §§ 54 ff. VwVfG einvernehmlich geregelt werden.
Rz. 162
Die Höhe des Abschlags richtet sich nach der noch verbleibenden Restnutzungsdauer sowie nach der Bauart und Bauausführung des Gebäudes. Unerheblich ist die Grundstücksart. Die Höhe des Abschlags ergibt sich aus den Spalten 1 bis 3 der Anlage 9 zu den BewRGr (s. nachfolgend Rz. 171). Die dort angegebenen Abschläge beziehen sich nur auf den Gebäudewert. Nur für diesen Wert kann durch den vorzeitigen Abbruch eines Gebäudes eine Wertminderung vorgenommen werden. Daher muss vor Anwendung des Hundertsatzes als Abschlag der Bodenwertanteil aus dem ermittelten Grundstückswert herausgerechnet werden (wegen der Ermittlung des Bodenwertanteils vgl. § 78 BewG Rz. 24).
Rz. 163– 170
Einstweilen frei.