Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 1
Das Bewertungsverfahren für Sonderfälle des § 147 BewG ist durch das Jahressteuergesetz 1997 als Bemessungsgrundlage für die Erbschaft-/Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer eingeführt worden. Nach dem Beschluss des BVerfG v. 22.6.1995 war es ab dem 1.1.1996 nicht mehr zulässig, die bis dahin für Grundstücke maßgebenden Einheitswerte als Bemessungsgrundlage für die Erbschaft-/Schenkungsteuer heranzuziehen. Das BVerfG hatte entschieden, dass § 12 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG mit GG Art. 3 Abs. 1 insofern unvereinbar ist, als er auf die Regeln des Bewertungsgesetzes verweist, die Kapitalvermögen (festverzinsliche Wertpapiere und Aktien) zu Gegenwartswerten ansetzen, obwohl sie den Grundbesitz in den Vergangenheitswerten des zum 1.1.1964 festgestellten Einheitswertes erfassen. Bei der erforderlichen Neuregelung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage hatte der Gesetzgeber nach der Vorgabe des BVerfG zu beachten, dass sich die Belastung durch die Erbschaftsteuer aus dem Zusammenwirken von Bemessungsgrundlage und Steuersatz ergibt.
Rz. 2
Aufgrund des Beschlusses des BVerfG v. 22.6.1995 zur Erbschaftsteuer musste der Gesetzgeber die bis dahin geltende Einheitsbewertung des Grundvermögens für die Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung aufgeben. Dabei hatte es sich um eine "Vorratsbewertung" sämtlicher Grundstücke auf der Basis der Wertverhältnisse vom 1.1.1964 (alte Bundesländer) beziehungsweise vom 1.1.1935 (neue Bundesländer) gehandelt. Für unbebaute Grundstücke war der gemeine Wert maßgeblich, für bebaute Grundstücke in der Regel der mittels je nach Besonderheiten des Grundstücks mit einem Vervielfältiger bestimmte Ertragswert. Nach der zum 1.1.1996 eingeführten gesetzlichen Neuregelung wird der Steuerwert von Grundbesitz nicht mehr "auf Vorrat", sondern im Bedarfsfall ermittelt (Bedarfsbewertung).
Rz. 3
Im Ergebnis hat der Gesetzgeber mit dem JStG 1997 neben der Einheitsbewertung, die weiterhin für Zwecke der Grundsteuer anzuwenden ist, eine zusätzliche Grundbesitzbewertung im Bedarfsfall – Bedarfsbewertung – eingeführt. Deshalb mussten die Finanzämter seit 1996 nicht nur – flächendeckend – Einheitswerte für den Grundbesitz feststellen, sondern zusätzlich auch einen Grundbesitzwert, sofern hierfür steuerliche Bedeutung bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer oder Grunderwerbsteuer bestand.
Rz. 4
Der Gesetzgeber versprach sich von der Bedarfsbewertung eine Verwaltungsvereinfachung. Ob der Gedanke der Bedarfsbewertung tatsächlich zu einer Verwaltungsvereinfachung beigetragen hat, muss kritisch beurteilt werden. Vergleiche hierzu auch die Erläuterungen zu § 138 BewG.