Rz. 178
Wird eine Leistung nicht von demjenigen erbracht, der sie dem Empfänger schuldet, sondern von einer anderen Person, handelt es sich um die Leistung eines Dritten. Derartige Leistungen haben, wenn sie – wie insbesondere Geldschulden – nicht höchstpersönlich zu erbringen sind, grundsätzlich Schuld tilgende Wirkung (§§ 267, 362 Abs. 1 BGB) – mit doppeltem Effekt: Das Vermögen des Leistungsempfängers wird unmittelbar, das Vermögen des Schuldners wird mittelbar vermehrt. Für Zwecke der Schenkungsteuer stellt sich die Frage, ob und inwieweit beide Personen durch ein und dieselbe Leistung – alternativ oder sogar kumulativ – in steuerbarer Weise bereichert werden können.
Rz. 179
Der Leistungsempfänger ist bereichert, wenn und soweit er keinen (§ 812 Abs. 1 BGB) oder nur einen unentgeltlichen Rechtsanspruch auf die konkret empfangene Leistung hatte. In diesen Fällen ist der Schuldner selbstverständlich nicht bzw. mittelbar nur insoweit bereichert, als er tatsächlich von einer korrespondierenden Verbindlichkeit befreit wird.
Rz. 180
Beispiel
D zahlt ohne eigene Verpflichtung 100 000 EUR an E.
- a) Hatte E gegenüber S einen Anspruch in gleicher Höhe, wird S in Gestalt seiner Schuldbefreiung auf Kosten des D bereichert (s. nachfolgend Anm. 182). Hierbei ist S gleichzeitig Schenker, wenn er formwirksam ein entsprechendes Schenkungsversprechen begründet hat oder D als Leistungsmittler zum Vollzug einer Schenkung eingesetzt wurde.
- b) Hatte E keinen Anspruch, kann er nur auf Kosten des D bereichert sein. Da das Vermögen des S überhaupt nicht tangiert wird, ist dies natürlich keine Zahlung eines Dritten i.S.d. § 267 Abs. 1 BGB.
- c) Hatte E gegen S Anspruch auf lediglich 70 000 EUR, wirkt die Zahlung des D nur in dieser Höhe für S schuldbefreiend. E ist aber auch i.H.d. vereinnahmten Mehrbetrags von 30 000 EUR bereichert. Objektiv stammt dieser Betrag allein aus dem Vermögen des D, so dass er für Schenkungsteuerzwecke insoweit als Schenker gegenüber E anzusehen ist (s. Anm. 94 f.). Wollte D allerdings gegenüber E erkennbar ein Schenkungsversprechen des S erfüllen und hat er die Überzahlung nur irrtümlich erbracht, könnte S auch für den Gesamtbetrag als Schenker in Betracht kommen.
- d) Sollte der Anspruch des E gegen S jedoch (teilweise) wertlos gewesen sein, bereichert D sowohl E, der seine Forderung i.H.d. erhaltenen Zahlung tatsächlich realisiert, als auch S, dessen Schuld regelmäßig im Umfang der Drittzahlung getilgt wird (s. auch Anm. 437.7).
Rz. 181
Wenn der Dritte nicht ausnahmsweise die Forderung mit der Zahlung nach § 268 BGB erwirbt, entfällt die Verbindlichkeit des Schuldners infolge der Befriedigung des Gläubigers (§ 362 Abs. 1 BGB); nur in diesem Fall handelt es sich übrigens um eine mittelbare Zuwendung unter Abkürzung des Zahlungs-/Leistungswegs. Unerlässlich ist allerdings ein sog. Fremdtilgungswille des Dritten, wobei jedoch bei nicht eindeutiger Zweckbestimmung aus objektiver Sicht des Leistungsempfängers zu entscheiden ist, ob der Dritte auf eine eigene oder eine fremde Schuld geleistet hat. Im Übrigen kann der Schuldner die Schuld tilgende Wirkung der Drittzahlung nur gemeinsam mit dem Gläubiger verhindern (§ 267 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB). Sollte ihn eine entreichernde Ersatzpflicht treffen, ist dies schenkungsteuerlich erst bei tatsächlicher Ersatzleistung beachtlich (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – s. auch Anm. 36).
Rz. 182
Problematisch in diesem Zusammenhang erscheint die Zahlung eines Dritten, wenn sie der Empfänger als Unternehmer als sog. Entgelt von dritter Seite für von ihm erbrachte umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu behandeln hat (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG). Dies gilt insbesondere bei Drittzahlungen auf wertlose oder wertgeminderte Forderungen, selbst wenn der Gläubiger hierfür seinen Anspruch als "Gegenleistung" dem Dritten überträgt (s. auch Anm. 412 u. 437.7). Man muss jedoch die den Entgeltanspruch begründende Leistungsbeziehung einerseits und den tatsächlichen Zahlungsvorgang andererseits auseinander halten. Gläubiger und Schuldner verbindet ein Leistungsaustausch, ihre beiderseitigen Pflichten sind synallagmatisch, d.h. entgeltlich miteinander verknüpft (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Eine solche Verknüpfung fehlt zwischen der (Vor)Leistung des Gläubigers und der Zahlung des Dritten, der deshalb unentgeltlich gezahlt hat. Dieses zusätzliche Entgelt ist als Bereicherung des Zahlungsempfängers konsequent schenkungsteuerpflichtig. Dass er nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG auch Umsatzsteuer hierauf entrichten muss, kann – wie die im Einzelfall erforderliche Abgrenzung zwischen Entgelt und echten Zuschüssen deutlich macht – nur ein rein umsatzsteuerliches Problem sein.
Rz. 183
Einstweilen frei.