Rz. 44

[Autor/Stand] Die Berechnung des Kapitalwerts von Renten usw. nach der durchschnittlichen Lebenserwartung kann zu Härten führen. Dies tritt dann ein, wenn die wirkliche Dauer der Renten usw. wesentlich kürzer ist als diejenige, welche unterstellt worden ist. Für derartige Fälle sieht § 14 Abs. 2 BewG eine nachträgliche Berichtigung der Veranlagung nach der wirklichen Dauer der Rente usw. vor.

 

Rz. 45

[Autor/Stand] Voraussetzung für die Berichtigung ist, dass die Rente usw. infolge des vorzeitigen Todes der Person wegfällt, auf deren Lebenszeit die Berechtigung besteht.

 

Rz. 46

[Autor/Stand] Nicht anwendbar ist die Vorschrift, wenn die Rente aus anderen Gründen (z.B. Zahlungsunfähigkeit, Verzicht, freie Vereinbarung) erlischt.[4] Wird nach dem Tod des Erblassers infolge einer von ihm mit seiner überlebenden Ehefrau getroffenen Leibrentenanrechnungsverpflichtung die der Ehefrau vermächtnisweise zugewendete Leibrente vom beschwerten Erben gemindert, so führt dies nicht zu einer Minderung der Jahressteuerrate nach § 23 ErbStG.[5]

 

Rz. 47

[Autor/Stand] Bei einer Rente auf Lebenszeit sind die Änderungsmöglichkeiten nach § 14 Abs. 2 BewG auf den frühzeitigen Tod des Berechtigten oder des Verpflichteten beschränkt.[7] Auch § 5 Abs. 2 BewG greift nicht ein. Nach Auffassung des BFH ist aufgrund der Verweisung in § 5 Abs. 1 Satz 2 BewG auf die §§ 13 Abs. 2 und 3, 14 und 15 Abs. 3 BewG bei Renten auf Lebenszeit § 14 Abs. 2 BewG vorrangig. Wenn schon der Tod als sicherstes vorhersehbares Ereignis nur in den Grenzen des § 14 Abs. 2 BewG zu einer Berichtigung des Kapitalwerts führt, so muss jedes weitere Ereignis – zumindest bei der Festsetzung (§ 163 AO) – unberücksichtigt bleiben.

 

Rz. 48

[Autor/Stand] Hält man jedoch auch in diesem Bereich die Anwendung des § 5 Abs. 2 BewG für möglich[9], so liegt jedenfalls keine auflösende Bedingung in diesem Sinne vor. Zwar war die Anpassungsklausel bereits zum Stichtag vereinbart gewesen, jedoch war eine Änderung der Höhe nicht zu einem bestimmten Stichtag vorgesehen. Für solche Fälle, in denen Nutzungen in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, wäre lediglich der Kapitalwert am Stichtag gem. § 15 Abs. 3 BewG zu ermitteln. Zum einen ist bereits fraglich, ob hier ungewisse oder schwankende Erträge vorlagen, weil – wie bei einer Wertsicherungsklausel – hier am Stichtag nach Grund und Höhe fest vereinbarte Verpflichtungen vorliegen, deren Höhe sich in Zukunft nur nach unten verändern kann, wenn bestimmte, aber ungewisse Ereignisse eintreten. Zum anderen können nach dem Stichtag eingetretene, am Stichtag jedoch voraussehbare Umstände nur bei der Ermittlung des Jahreswerts berücksichtigt werden[10], was wiederum voraussetzt, dass der Eintritt dieser Umstände nicht allzu lange nach dem Stichtag liegt.[11] Im konkreten Fall trat die Minderung jedoch erst 14 Jahre später ein.

 

Rz. 49

[Autor/Stand] Weitere Voraussetzung der Berichtigung ist, dass die nach § 14 Abs. 3 BewG bewertete Rente usw. in Wirklichkeit nicht mehr Jahre bestanden hat, als in § 14 Abs. 2 BewG aufgeführt ist.

 

Beispiel

Frau A ist am 1.1.1970 geboren und hat folglich mit Ablauf des 31.12.2020 das 50. Lebensjahr vollendet. Im Laufe des 31.12.2020 fällt ihr durch Erbgang eine Rente von jährlich 1.000 EUR an, zahlbar jeweils am 1. Juli eines Jahres. Diese Rente ist für die Erbschaftsteuerfestsetzung mit (1.000 EUR × 15,879 =) 15.879 EUR zu bewerten, weil Frau A im maßgebenden Bewertungszeitpunkt (vgl. §§ 9 und 11 ErbStG) das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Stirbt Frau A im März 2025, dann hat die Rente nicht mehr als neun Jahre bestanden, so dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Erbschaftsteuerfestsetzung gegeben sind (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Wäre der Erbfall erst im Laufe des 1.1.2021 eingetreten, so hätte Frau A bei Anfall der Rente ein Lebensalter von "mehr als 50 Jahren" gehabt, so dass schon bei einer Rentendauer von nicht mehr als acht Jahren (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 3 BewG) die Erbschaftsteuerfestsetzung zu berichtigen wäre.

[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.05.2022
[4] RFH v. 29.7.1930 – II A 276/30, StuW 1930 Nr. 1301.
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.05.2022

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