Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 1
Die Vorschrift des § 22 BewG über die Fortschreibungen von Einheitswerten dient der Fortführung der einzelnen Einheitswerte entsprechend der Entwicklung der Verhältnisse der wirtschaftlichen Einheit in der Zeit zwischen zwei Hauptfeststellungszeitpunkten. Hierbei ist es unerheblich, dass nach derzeitigem Stand aufgrund der nur noch eingeschränkten Bedeutung der Einheitswertfeststellung wohl keine neue Hauptfeststellung durchgeführt werden wird (s. dazu § 21 BewG Anm. 65).
Rz. 2
Allerdings ist der Regelungsinhalt nicht nur auf die Zeit zwischen zwei Hauptfeststellungszeitpunkten beschränkt, sondern umfasst auch den Zeitraum nach einer Nachfeststellung. Änderungen über den Wert, die Art oder die Zurechung des Gegenstandes, die nach einer durchgeführten Nachfeststellung eintreten, führen somit ebenfalls zu einer Fortschreibung i.S. des § 22 BewG.
Rz. 3
Da jeder Feststellungsbescheid über einen Einheitswert – unabhängig davon, ob es sich um eine Hauptfeststellung oder um einen Nachfeststellung handelt – im Wesentlichen drei Feststellungen enthält, nämlich über den Wert, die Art und die Zurechnung des Gegenstandes (dazu im Einzelnen § 19 BewG Anm. 99 ff.), muss grundsätzlich eine Fortschreibung vorgenommen werden, wenn sich in einem dieser Punkte etwas ändert oder eine Wertabweichung vorliegt. Dementsprechend wird zwischen der Wertfortschreibung, der Artfortschreibung und der Zurechnungsfortschreibung unterschieden.
Rz. 4
§ 22 BewG regelt in den Abs. 1 bis 3 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Fortschreibung eines festgestellten Einheitswerts und enthält darüber hinaus im Abs. 4 verfahrensrechtliche Vorschriften, die erst mit Geltung der jetzigen Abgabenordnung (AO) in das BewG übernommen wurden und vor dem 1.1.1977 im § 225a AO geregelt waren.
Rz. 5
Absatz 1 legt im Einzelnen die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung fest, die nur dann gegeben sind, wenn der neue Wert in einem bestimmten Umfang von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht. Abweichungen im Wert begründen somit nur dann eine Wertfortschreibung, wenn unter Beibehaltung der Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt (vgl. § 27 BewG) bestimmte Wertgrenzen überschritten sind. Dabei unterscheidet die Vorschrift zwischen Wertfortschreibungen zugungsten und Wertfortschreibungen zuungunsten des Stpfl.
Rz. 6
Die Wertfortschreibungsgrenzen können sich somit zugunsten wie zuungunsten der Stpfl. auswirken, wobei die Wertgrenzen bei Fortschreibungen zugunsten deutlich geringer sind als die Wertgrenzen bei Fortschreibungen zuungunsten. Bei der Beurteilung der festgelegten Wertfortschreibungsgrenzen ist zu berücksichtigen, dass ihre Höhe einerseits durch die steuerlichen Interessen der Stpfl., andererseits bei der Vielzahl der für eine Wertfortschreibung in Betracht kommenden Fälle auch durch die Belange der Finanzverwaltung bestimmt wird.
Rz. 7
§ 22 Abs. 2 BewG enthält die materiell-rechtlichen Vorschriften über die Artfortschreibung und die Zurechnungsfortschreibung, die früher Inhalt des § 216 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO a.F. waren und durch das EGAO 1977 in den § 19 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BewG übernommen worden sind. Änderungen in der Art oder in der Zurechnung führen stets zu einer Fortschreibung, vorausgesetzt, dass die neue Feststellung für die Besteuerung von Bedeutung ist.
Rz. 8
Der Fortführung von Einheitswerten dient auch Abs. 3 des § 22 BewG, der durch das BewÄndG 1965 in das BewG eingefügt worden ist und die oberste Rspr. zum Inhalt hat, nach der eine Fortschreibung auch zur Beseitigung eines Fehlers zulässig ist. Ein Fehler kann sich auf den Wert, die Art oder (und) die Zurechnung beziehen. § 22 Abs. 4 BewG schließlich enthält Regelungen, zu welchem Zeitpunkt eine Fortschreibung vorzunehmen ist.
Rz. 9– 11
Einstweilen frei.