Rz. 11
Die gesetzliche Anzeigepflicht der Notare besteht bei Beurkundung von Schenkungen (§ 518 Abs. 1 BGB/§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), Zweckzuwendungen (§ 8 ErbStG) und bei ehevertraglich oder durch Lebenspartnerschaftsvertrag vereinbarter Gütergemeinschaft (§§ 1410, 1415 BGB/§ 7 LPartG; § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Sie wird in § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 ErbStDV ausgedehnt auf alle Schenkungen i.S. des § 7 ErbStG; d.h. die Pflicht zur unverzüglichen Übersendung beglaubigter Urkundsabschriften an das zuständige Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt (§ 8 Abs. 1 Satz 4 ErbStDV – s. hierzu auch § 35 ErbStG Anm. 17) gilt nicht nur bei Protokollierung freigebiger Zuwendungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), sondern bezieht sich auch auf Willenserklärungen, die in § 7 Abs. 1 Nr. 2 bis 10, Abs. 5 bis 8 ErbStG erwähnte, ebenfalls als Schenkungen fingierte Vorgänge betreffen.
Rz. 12
Eventuelle Zweifel über die Unentgeltlichkeit einzelner Leistungen dürfen den Notar nicht von einer Anzeige abhalten. Dass die ausdrücklichen Klarstellungen des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3, 4 und 8 Satz 2 ErbStG zu beachten sind, ist selbstverständlich. Die Pflicht zur Urkundsübersendung bei möglicherweise gemischten und/oder verdeckten Schenkungen wird in § 8 Abs. 2 ErbStDV besonders hervorgehoben. Sie gilt auch, wenn Steuerfreiheit nach §§ 13, 18 ErbStG in Frage kommt, da damit die grundsätzliche Steuerbarkeit inzident bestätigt wird (§ 13 Anm. 1) und die Prüfung der Steuerpflicht allein der Schenkungsteuerstelle obliegt (§ 30 Anm. 5, m.w.N.). Das allen Notaren zur Verfügung stehende Merkblatt über ihre steuerlichen Beistandspflichten enthält für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer neben einem knappen Beispielskatalog anzeigepflichtiger Beurkundungsvorgänge den klaren Appell: Einschlägige Vorgänge sind "schon dann anzuzeigen, wenn auch nur eine Vermutung für eine freigebige Zuwendung besteht."
Rz. 13
Die Information der Schenkungsteuerstellen hat per Vordruck unter Mitteilung des Kostenwerts zu erfolgen und ist, soweit nicht aus den Urkunden ersichtlich, um Angaben zum Verwandtschaftsverhältnis von Schenker und Erwerber sowie zum Wert der Zuwendung zu ergänzen. Hierzu soll der Notar die Beteiligten befragen und sie außerdem auf eine mögliche Steuerpflicht hinweisen (§ 8 Abs. 1 Sätze 1, 3, 6 i.V.m. Abs. 4 ErbStDV). Im Übrigen gilt die gleiche Bagatellregelung wie für die Nachlassgerichte (§ 8 Abs. 3 ErbStDV – s.o. Anm. 8).
Rz. 14
Bei Nicht- oder Schlechterfüllung der Anzeigepflicht droht den Notaren, sofern nicht der Verdacht der Beteiligung an einer Steuerverkürzung besteht, regelmäßig keine Sanktion. Eine Schadensersatzpflicht nach § 19 BNotO dürfte nur selten in Frage kommen, da der Verjährungsbeginn des Schenkungsteueranspruchs grundsätzlich mit der vollständigen Information der Finanzbehörden verknüpft ist (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 Alt. 2 AO – s. auch § 30 ErbStG Anm. 6). Die Ablehnung von Zwangsmaßnahmen nach §§ 328 ff. AO erscheint allerdings zweifelhaft; die Qualifikation der Beurkundung von Willenserklärungen als hoheitliche Tätigkeit (§ 1 BNotO) umfasst nicht unbedingt die Anzeige- und Übersendungspflichten der Notare. Dass die Erfüllung dieser Pflichten zum Gegenstand einer Außenprüfung werden könnte, lässt sich nicht mehr mit dem lapidaren Hinweis auf eine ältere Entscheidung des FG Saarland verneinen. Notare unterliegen nach § 193 Abs. 1 AO der Betriebsprüfung, die durchaus auch die Verhältnisse Dritter ins Auge fassen darf (§ 194 Abs. 3 AO), zumal die insoweit bestehenden gesetzlichen Informationspflichten den Urkundspersonen als eigenständige Steuerpflichten obliegen und sie sich in dieser Hinsicht nicht von den nach § 33 ErbStG mitteilungspflichtigen Instituten unterscheiden.