Rz. 93

[Autor/Stand] Eine rechtswirksame Feststellungserklärung führt – außer in Erbbaurechtsfällen (§ 153 Abs. 2 Satz 4 BewG – s. Anm. 88)[2] – zur Befreiung auch anderer Beteiligter von ihren insoweit bestehenden Erklärungspflichten (§ 153 Abs. 4 Satz 2 BewG). Dies hat Konsequenzen:

 

Rz. 94

[Autor/Stand] Man sollte über die Bekanntgabe des Erklärungsverlangens an alle potenziell erklärungspflichtigen Personen nachdenken. Wird der Inhaltsadressat der Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklärung in die Lage versetzt, andere Beteiligte von ihren Erklärungspflichten zu befreien, sind auch sie von einer solchen Aufforderung betroffen (§ 122 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO). Grundsätzlich kommen mehrere Adressaten hinsichtlich desselben Feststellungsgegenstands nur nach § 153 Abs. 1 Satz 1 und/oder Abs. 2 BewG in Frage (s. Anm. 15–19). Insb. eine auf § 153 Abs. 2 BewG gestützte Aufforderung einer Gemeinschaft oder Gesellschaft müsste deshalb auch den Personen bekannt gegeben werden, die zum Adressatenkreis des § 153 Abs. 1 Satz 1 BewG zählen.

 

Rz. 95

[Autor/Stand] Zur Durchführung der Bedarfsbewertungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 BewG ist eine kumulative Aufforderung aller potenziell erklärungspflichtigen Personen zulässig.[5] Da erst die Abgabe einer Feststellungserklärung die Feststellungsfinanzämter insoweit einschränkt, handeln sie jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie im Anwendungsbereich des § 153 Abs. 2 BewG "auch" den/die Steuerschuldner zur Erklärungsabgabe auffordern. Sie sind hierzu sogar wohl verfassungsrechtlich verpflichtet (s. auch § 155 BewG Anm. 25).[6]

 

Rz. 96

[Autor/Stand] Die Befreiung von ihren Erklärungspflichten nach § 153 Abs. 4 Satz 2 BewG ist für die Betroffenen zweischneidig. Sie haben Vorteile dadurch, dass sie hinsichtlich desselben Feststellungsgegenstands nun als Empfänger weiterer Aufforderungen ausscheiden und auch ihnen gegenüber ergangene Aufforderungen nicht mehr zwangsweise durchsetzbar sind.[8] Auch können sie sich freuen, wenn das Feststellungsfinanzamt zu niedrige Wertangaben akzeptiert; ob sie insoweit nach § 153 AO berichtigungspflichtig sind, ist zu diskutieren.[9] Denkbare Nachteile liegen vor allem darin, dass sie u.U. überhöhte Bedarfswerte hinnehmen müssen, die auf Erklärungen einer Gesellschaft oder Gemeinschaft beruhen, die sie – bspw. als Minderheitsgesellschafter – nicht beeinflussen konnten. Hinsichtlich nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften mag dies dem Willen des Gesetzgebers entsprechen (§ 153 Abs. 3 BewG; s. Anm. 76). Bei Bedarfsbewertungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 BewG wird man davon ausgehen dürfen, dass potenziell erklärungspflichtige Steuerschuldner – wie für Fälle der Grundbesitzbewertung offenbar vorausgesetzt (§ 138 Abs. 4 BewG) – auch Erklärungsrechte haben. Um deren Geltendmachung nicht unnötig zu erschweren, sollte dies schon bei der Aufforderung entsprechender Feststellungserklärungen – jedenfalls für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer (§ 155 Satz 1 BewG) – beachtet werden (s. auch § 154 BewG Anm. 15 f.). Der II. BFH-Senat fordert mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zu Recht die Finanzämter auf, sich verfahrensmäßig nicht restriktiv zu verhalten.[10]

 

Rz. 97

[Autor/Stand] Eine ohne Aufforderung abgegebene Feststellungserklärung löst die Wirkungen des § 153 Abs. 4 Satz 2 BewG nicht aus, denn in der Person des Erklärenden hat sich seine eventuelle potenzielle Erklärungspflicht noch nicht konkretisiert. Konsequent verkürzt sie auch nicht die Anlaufhemmung der Feststellungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO.[12]

 

Rz. 98

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2016
[2] Halaczinsky in Rössler/Troll, § 154 BewG Rz. 5.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2016
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2016
[5] Dies schließt die Finanzverwaltung in R B 153 Abs. 1 Sätze 1, 3, 4 ErbStR 2011 jedenfalls nicht aus. Hierzu auch Halaczinsky in Rössler/Troll, § 154 BewG Rz. 5–7a.
[6] BFH v. 6.7.2011 – II R 44/10, BStBl. II 2012, 5 (unter II.2.a, ee) = ErbStB 2011, 305 m. Komm. Hartmann.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2016
[8] Halaczinsky in Rössler/Troll, § 153 BewG Rz. 18.
[9] Halaczinsky in Rössler/Troll, § 153 BewG Rz. 19.
[10] BFH v. 6.7.2011 – II R 44/10, BStBl. II 2012, 5 (unter II.2.a, ee) = ErbStB 2011, 305 m. Komm. Hartmann.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2016
[12] Leitfaden für Feststellungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG sowie nach § 13a Abs. 1a und § 13b Abs. 2a ErbStG, Tz. 3.1.1 Abs. 4, OFD Nds. v. 11.12.2014, juris.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2016

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