Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
Rz. 28
Der Erlass nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG stellt auf die Unrentabilität als Dauerzustand ab. Die Prüfung dieses Kriterium führt zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten auf Seiten der Verwaltung. Unrentabilität bedeutet, dass die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile, also der Rohertrag, in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen müssen. Im Unterschied zu den Erlasstatbeständen der §§ 33, 34 GrStG ist der Erlass nicht davon abhängig, dass die Ertragsminderung mehr als 50 % ausmacht.
Rz. 29
Der Rohertrag und die sonstigen Vorteile werden nach dem Gesetzeswortlaut mit den Kosten verglichen, was betriebswirtschaftlich unsinnig ist, weil zwei verschiedenartige Rechenelemente gegenübergestellt werden, dies aber vom Gesetz so gefordert wird. Erträge und Kosten gehören zu unterschiedlichen Kategorien von Stromgrößen im betrieblichen Rechnungswesen. Während Erträge die positiven Erfolgsbeiträge der GuV umfassen, sind Kosten als der durch die Leistungserstellung verursachte Güterverzehr zu verstehen. Von diesem betriebswirtschaftlichen Begriffsverständnis muss man sich jedoch lösen und zu einer eigenen grundsteuerlich sinnvollen Abgrenzung finden, bei der die fehlende Wirtschaftlichkeit anhand "dauerhafter Rechnungsposten" zu prüfen ist. In die Stromgrößenrechnung, die als Jahresrechnung anzulegen ist, finden grundsätzlich Wertsteigerungen des Objekts und womöglich später realisierbare Veräußerungsgewinne keinen Eingang. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige nur kurzfristig Eigentümer einer Immobilie ist und sein primäres Interesse in der Erzielung eines Veräußerungsgewinns besteht. Besonderheiten gelten auch hinsichtlich des Zeitbezugs. Das Gesetz fordert insb. unter Einbezug von § 35 Abs. 3 Satz 1 GrStG, nach dem es keiner jährlichen Wiederholung des Erlassantrags bedarf, die Betrachtung eines längeren Zeitraums, in dem die Unrentabilität bestehen muss. Überschüsse in einzelnen Jahren sind daher nicht schädlich, solange auf Dauer eine Unrentabilität besteht. Da erst rückblickend festgestellt werden kann, ob der Rohertrag i.d.R. unter den jährlichen Kosten liegt, soll nach A 32.1 Abs. 7 Satz 2 AEGrStG im Zweifelsfall die Gemeinde die Grundsteuer des laufenden und der beiden folgenden Kalenderjahre bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres mit dem Ziel des Erlasses stunden. Es ist ohne Bedeutung, ob die Unrentabilität durch eine andere Bewirtschaftungsweise des Grundbesitzes beseitigt werden könnte.
Rz. 30
Nach § 186 BewG ist Rohertrag das Entgelt (Miete oder Pacht), das für die Benutzung des bebauten Grundstücks nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist, wobei Umlagen, die zur Deckung der Betriebskosten gezahlt werden, nicht anzusetzen sind (Nettoansatz). Bei eigengenutzten Grundstücken oder Grundstücksteilen ist die ortsübliche Miete oder Pacht anzusetzen. Als sonstige Vorteile sind auch Einnahmen aus Besichtigungen und Führungen zu erfassen. Zu erfassen sind somit Zuflüsse in Geld und solche in Geldeswert mit unmittelbarem Bezug zum Grundbesitz. Maßgeblich ist die tatsächlich erzielte Miete, nicht die ortsüblich erzielbare Miete. Die Berechnung kann sich an der einkommensteuerlichen Ermittlung von Überschusseinkünften i.S.d. EStG orientieren. Maßgebend ist der Mittelzufluss i.S.d. Verfügungsmöglichkeit durch den Grundstückseigentümer. Nutzt der Eigentümer das Objekt, gehört auch der Nutzungswert in Höhe der bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung zu erzielenden Miet- oder Pachteinnahmen zum Rohertrag. Die Senatsverwaltung Berlin lässt es zu, dass für die Ermittlung des Rohertrags auf die bei der Ermittlung der Einkünfte i.S.d. EStG zugrunde gelegten Einnahmen – ggf. unter Hinzurechnung des Nutzungswerts bei Eigennutzung – zurückgegriffen wird, was den Antrag vereinfacht. Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist der Rohertrag unter der Annahme der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung und der nachhaltigen Erzielung zu bestimmen.
Rz. 31
Der Kostenbegriff orientiert sich zwar ebenfalls an den Regelungen des Einkommensteuergesetzes für Werbungskosten und Betriebsausgaben, weicht jedoch wesentlich davon ab. Letztlich sind die einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlungsregeln eher als offene Leitlinie denn als strikte Vorgabe zu verstehen. Zu den Kosten gehören nach der Lesart des § 32 alle im Zusammenhang mit dem Grundbesitz stehenden dauerhaften Verwaltungs- und Betriebsausgaben, nicht jedoch nutzungsabhängige Kosten (bspw. Wasser- und Abwassergebühr, Heizkosten, Reinigung, Gartenunterhalt) ungeachtet davon, ob sie auf der Denkmalschutzeigenschaft beruhen. Korrespondierend dazu bleibt auch die Erstattung solcher nutzungsabhängigen Kosten durch Mieter oder Dritte als Einnahmen unberücksichtigt. Erfasst werden grundstückbezogene Versicherungsbeiträge und wohl auch die Grundsteuer selbst. Es...