Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 217
Lässt sich nach Prüfung der Anzeige die Frage der materiellen Steuerpflicht eindeutig verneinen, so wird der Steuerfall regelmäßig zu den Akten genommen. Ist die Frage nach der materiellen Steuerpflicht zu bejahen oder kann hierauf keine eindeutige Antwort gegeben werden, wird die Erbschaftsteuerstelle den Steuerpflichtigen auffordern, eine Erbschaft- oder Schenkungsteuererklärung abzugeben. Dieser Erklärung war anfänglich beim Übergang von Grundbesitz eine Anlage "Grundstückswert" beizufügen, in der die grundstücksrelevanten Daten für die Ermittlung des Grundstückswerts abgefragt wurden. Ab Verwendung der Feststellungserklärung mit "Mantelbogen" und Anlage zur Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken muss die Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts vom örtlich zuständigen Finanzamt angefordert werden. Dies ist das jeweilige Belegenheitsfinanzamt. Teilweise reichen die Steuerzahler den Vordruck zur Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken bereits unmittelbar beim Erbschaftsteuer-Finanzamt ein. Nach Eingang dieses Vordrucks beim Erbschaftsteuer-Finanzamt wird es ihn an die Bewertungsstelle des Lagefinanzamts weiterleiten und zur Feststellung eines Grundbesitzwerts auffordern. Dabei darf nicht übersehen werden, dass das Lagefinanzamt erst dann eine wirksame Feststellungserklärung vorliegen hat, wenn auch der "Mantelbogen" vom Steuerzahler abgegeben worden ist. Das Erbschaftsteuer-Finanzamt kann anhand der Daten in den Vordrucken BBW 1 und BBW 2 den Grundbesitzwert überschlägig ermitteln und weiter prüfen, ob sich unter Berücksichtigung der übrigen Vermögenswerte sowie der übernommenen Verbindlichkeiten und nach Abzug der persönlichen Freibeträge eine materielle Steuerpflicht ergibt.
Rz. 218
Bis zum Ergehen des Feststellungsbescheids über den Grundbesitzwert kann die Erbschaftsteuerstelle den Steuerfall zurückstellen. Dies wird jedoch nur in den Fällen von geringer steuerlicher Relevanz geschehen. Vielfach wird das Erbschaftsteuer-Finanzamt eine vorläufige Steuerfestsetzung durchführen und bei dieser Festsetzung den Grundbesitzwert anhand der vorliegenden Daten schätzen. Rechtsgrundlage für diese Schätzung ist § 162 Abs. 3 i.V.m. § 155 Abs. 2 AO. Dort wird bestimmt, dass die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen vor Ergehen des Grundlagenbescheids geschätzt werden können. Dem Erbschaftsteuer-Finanzamt steht hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen, die Gegenstand des Feststellungsbescheids über den Grundbesitzwert sind, im Vorfeld des Feststellungsverfahrens eine eigene Ermittlungs- und Schätzungsbefugnis zu. Dem steht die Erklärungsverpflichtung des Steuerpflichtigen nach §§ 149, 150 AO gegenüber. Die Schätzung des Grundbesitzwerts ist daher verfahrensrechtlich unabhängig von der nachfolgenden Feststellung dieses Werts. Sollte der Steuerpflichtige mit dem vorläufig ermittelten Grundstückswert im Rahmen des Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheids oder des Grunderwerbsteuerbescheids nicht einverstanden sein, muss er gegen diesen Bescheid Einspruch einlegen und im Rahmen des Einspruchs seine Einwendungen gegen die Schätzung des Grundbesitzwerts vorbringen. Im Allgemeinen wird das Erbschaftsteuer-Finanzamt in diesen Fällen die zuständige Bewertungsstelle darum bitten, möglichst umgehend das Feststellungsverfahren abzuschließen, um so eine gesicherte Rechtsgrundlage für die Höhe des Grundbesitzwerts zu schaffen.
Rz. 219– 221
Einstweilen frei.