Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 145
Die Ermittlung des gemeinen Werts der Kapitalgesellschaft ist bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer nicht das Ziel der Wertermittlung, weil lediglich der gemeine Wert der Anteile an der Kapitalgesellschaft förmlich nach § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG festzustellen ist. Dennoch wird vom gemeinen Wert der Kapitalgesellschaft auf den gemeinen Wert des Anteils geschlossen.
Rz. 146
Bislang stand hierfür keine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Verfügung, weil sich die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft regelmäßig in der Beteiligung am Nenn- oder Stammkapital der Kapitalgesellschaft widerspiegelt. Für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 regelt § 97 Abs. 1b BewG die Umrechnung in den Anteilswert. Nunmehr ist gesetzlich festgelegt, dass sich der gemeine Wert eines Anteils an einer in § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG genannten Kapitalgesellschaft nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) der Gesellschaft zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft im Bewertungsstichtag bestimmt. Unabhängig davon, dass die sprachliche Fassung des § 97 Abs. 1b BewG streng mathematisch nicht umgesetzt werden kann, weil die Worte "zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft" eine – nicht durchzuführende – Division durch den gemeinen Wert des Betriebsvermögens suggerieren, wird die gesetzliche Regelung den Gestaltungen in der Praxis nicht gerecht.
Rz. 147
Sofern die kapitalmäßige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft jedoch nicht mit dem Gewinnverteilungsschlüssel übereinstimmt, kann die strenge Aufteilung allein unter Berücksichtigung des Anteils am Nennkapital zu nicht sachgerechten Ergebnissen kommen. Der Gesetzgeber hatte es zunächst versäumt, für die Fälle der abweichenden Gewinnverteilung eine entsprechende Aufteilung des gemeinen Werts des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft auf den Anteilseigener zu ermöglichen.
Rz. 148
Diese Schwäche des § 97 Abs. 1b BewG ist durch das Steueränderungsgesetz 2015 beseitigt worden, indem die zurzeit bestehende Regelung nicht mehr ausnahmslos gilt. Nach § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG sind bei der Wertermittlung des Anteils abweichend von § 97 Abs. 1b Satz 1 BewG, jedoch vorbehaltlich des § 9 Absatz 2 und 3 BewG solche Regelungen zu berücksichtigen, die sich auf den Wert des Anteils auswirken. Dabei erwähnt der Gesetzgeber insb. eine vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) abweichende Gewinnverteilung. Wie in diesen Fällen konkret gerechnet werden soll, muss der Gesetzgeber angesichts der vielfältig möglichen Konstellationen zwar offenlassen. Denn ist mit dieser gesetzgeberischen Maßnahme die strenge Bindung an einen im Einzelfall nicht sachgerechten Aufteilungsmaßstab beseitigt. Mit H B 97.6 ErbStH 2019 erläutert die Finanzverwaltung anhand von verschiedenen Beispielen, wie in typischen Fällen konkret verfahren werden kann.
Rz. 149– 159
Einstweilen frei.