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[Autor/Stand] Der nachstehend auszugsweise abgedruckte Überblick enthält allgemeine Erläuterungen, Verweise und Anmerkungen zu einzelnen Branchen. Die in dem Überblick dargestellten Bewertungsgrundsätze gelten bei Bewertungen von Unternehmen für Zwecke der Erbschaftsteuer unabhängig von Größe und Rechtsform. Der Begriff des Unternehmens umfasst dabei Industrie-, Dienstleistungs-, Handels-, Logistik- und Handwerksbetriebe sowie freiberufliche Praxen. Soweit keine speziellen Bewertungsregelungen gelten, sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe einbezogen.

Die in der Betriebswirtschaftslehre anerkannten Bewertungsmethoden betrachten das Unternehmen als Investitionsobjekt, dessen Wert durch die zukünftigen Erfolge bestimmt wird. Bei diesen Verfahren – als Ertragswertverfahren bzw. Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) bezeichnet – gibt es verschiedene Varianten, die bei gleichen Bewertungsannahmen bzw. -vereinfachungen zumindest in der Theorie zu identischen Unternehmenswerten führen.

Der Ertragswert entspricht dem Barwert der erwarteten zukünftigen Zahlungsmittelzuflüsse und ersparten Zahlungsmittelabflüsse beim Eigentümer des Unternehmens. Neben den prognostizierten Erträgen ist somit der zur Abzinsung verwendete Zins (Kalkulationszinssatz) von entscheidender Bedeutung. Die Prognose der zukünftigen Erträge basiert meistens auf bereinigten Vergangenheitswerten. Bei Personenunternehmen, in denen der Unternehmer selbst mitarbeitet, ist ein kalkulatorischer Unternehmerlohn von den Erträgen abzuziehen. Kalkulatorische Aufwendungen sind ggf. auch bei unentgeltlich mitarbeitenden Familienmitgliedern oder unentgeltlich genutzten Räumen in Privatbesitz anzusetzen. Es werden stets Erträge nach (pauschalisierten) unternehmensbezogenen Steuern betrachtet. Meist werden Erträge für einen gewissen Zeitraum (ca. fünf bis 15 Jahre) explizit prognostiziert, danach wird angenommen, dass ein konstanter Ertrag unendlich lange anfällt (ewige Rente).

Der Kalkulationszinsfuß stellt eine Alternativanlage gleichen Risikos dar. Er setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: aus der Verzinsung einer risikolosen Alternativanlage (z.B. langfristige Staatsanleihen) und aus einem Risikozuschlag. Letzterer ist schwierig zu bestimmen, er hängt von der jeweiligen Ertragsverteilung ab. Eine Möglichkeit zur objektiven Bestimmung des Risikozuschlags stellt das Capital Asset Pricing Model (CAPM) dar, welches die Preisbildung am Kapitalmarkt nachbildet. Demzufolge setzt sich der Risikozuschlag aus zwei Bestandteilen zusammen: Der Marktrisikoprämie (dem Erwartungswert der Rendite aus dem Marktportfolio abzgl. des sicheren Zinses), multipliziert mit dem Unternehmensbezogenen Risikofaktor ß. Alternativ ist eine Berechnung des Risikozuschlags aus der unternehmensspezifischen Kapitalstruktur oder aus sog. Ex-Ante-Modellen möglich. Wenn Erträge nach persönlichen Steuern abgezinst werden, so sind auch beim Kapitalisierungszins persönliche Steuern zu berücksichtigen. Der in der Rspr. verwendete Zinsfuß unterscheidet sich stark, meist liegen die Werte zwischen 5,5 Prozent und zehn Prozent.

Bei dem aus den angelsächsischen Ländern stammenden Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) muss zwischen verschiedenen Varianten unterschieden werden. Beim Nettoverfahren (Equity Approach) wird wie beim Ertragswertverfahren der Wert des Eigenkapitals direkt bestimmt. Im Gegensatz dazu wird bei den Bruttoverfahren (Entity Approach) zuerst der Wert des gesamten Kapitals ermittelt, bevor durch Abzug des Fremdkapitals der Wert des Eigenkapitals bestimmt wird. Es gibt hierbei verschiedene Vorgehensweisen. Das Adjusted-Present-Value-Verfahren (APV-Verfahren) diskontiert die Zahlungsströme eines fiktiv rein eigenfinanzierten Unternehmens mit risikoangepassten Eigentümerrenditeforderungen. Das sog. Tax Shield – die Steuervorteile der Fremdfinanzierung, die aus der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen entstehen – wird pro Periode getrennt berechnet, diskontiert und zum Wert des rein eigenfinanzierten Unternehmens addiert.

Alternativ ist eine Diskontierung der Free Cashflows (vor Zinsen, also wiederum die Cashflows eines fiktiv rein eigenfinanzierten Unternehmens) mit den gewichteten Kapitalkosten (engl. Weighted Cost of Capital, WACC) möglich. Der durch die Vernachlässigung des Tax Shields entstehende Fehler wird bei der Berechnung des WACC berichtigt, indem bei dessen Berechnung die Fremdkapitalkosten nach Steuern verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Berücksichtigung der Steuern nach Fremdkapitalzinsabzug bei der Ermittlung der Cashflows (Total Cashflows, TCF), die dann mit den unkorrigierten WACC abgezinst werden.

Da bei einer Bewertung mit einem Bruttoverfahren stets der Wert des Gesamtkapitals berechnet wird, muss von diesem Wert der Marktwert des Fremdkapitals abgezogen werden, um den Wert des Eigenkapitals und somit den relevanten erbschaftsteuerlichen Vermögenswert zu erhalten.

Bewertet wird grundsätzlich nach dem Going-Concern-Prinzip, d....

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