Rz. 351
Die den Abfluss fließender Gewässer regelnden Sammelbecken sind künstliche Anlagen zur Ansammlung oder Stauung des Wassers zur Verhinderung von Überschwemmungen oder zur Speicherung des Wassers, z.B. Stauanlagen, Talsperren. Die Steuerbefreiung erstreckt sich nicht auf solche Sammelbecken, die unmittelbar nur den Zwecken bestimmter Personen, z.B. eines Fischereiberechtigten, oder bestimmter Betriebe, z.B. Unternehmen zur Energiegewinnung, dienen.
Rz. 352
Von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 3 Buchst. c Alt. 2 GrStG werden nur solche Sammelbecken erfasst, deren gewässerregulierende Funktion in erster Linie darin besteht, im Bereich einer Talsperre oder im Unterlauf des Gewässers Überschwemmungen oder Austrocknungen zu verhindern. Zwar lässt der bloße Wortlaut der Vorschrift auch eine Auslegung dahingehend zu, dass jede Talsperre im weitesten Sinne ein den Gewässerabfluss regelndes Sammelbecken sein kann, da auch durch solche Staueinrichtungen in den Gewässerablauf eingegriffen wird. Aus dem Sinnzusammenhang mit § 4 Nr. 3 Buchst. c Alt. 1 GrStG, wo ausdrücklich nur fließende Gewässer im Gegensatz zu stehenden Gewässern von der Grundsteuerpflicht ausgenommen werden, folgt jedoch, dass nur solche Wassersammelbecken den fließenden Gewässern gleichgestellt werden sollen, bei denen die gewässerabflussregulierende Funktion im Vordergrund steht. Diese müssen somit als ein dem fließenden Gewässer dienender Teil angesehen werden können. Vor diesem Hintergrund ist demnach maßgeblich auf den Zweck des den Gewässerabfluss regelnden Sammelbeckens abzustellen.
Rz. 353
Bei Trinkwassertalsperren handelt es sich zwar um den Gewässerabfluss regelnde Sammelbecken, allerdings werden diese in erster Linie zum Zweck der Trinkwassergewinnung unterhalten. Ihnen kommt deshalb eine nur nachgeordnete, für eine Grundsteuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 3 Buchst. c GrStG nicht relevante wasserregulierende Funktion zu. In diesem Fall wird das Wasser nicht zum Zweck der Regulierung des Wasserstandes im unteren Flusslauf, sondern vorrangig zum Zweck der Entnahme von Trinkwasser aufgestaut.
Rz. 354
Eine bei einer Trinkwassertalsperre bestehende Verpflichtung, jahreszeitabhängig Staumindest- bzw. Stauhöchsthöhen einzuhalten, bei Hochwassergefahr auf Anweisung der örtlichen Wasserbehörde durch die Absenkung des Wasserstandes Hochwasserschutzraum bereitzustellen und beim Ablassen von Wasser in den Unterlauf des Gewässers jegliche Gefährdung und Beeinträchtigung von Menschen und Sachen zu vermeiden, kann nicht im Einzelfall zu einer Anwendung des § 4 Nr. 3 Buchst. c Alt. 2 GrStG auf eine Trinkwassertalsperre führen. Durch derartige Verpflichtungen werden die Staueinrichtungen einer Trinkwassertalsperre nicht zu den abflussregulierenden Sammelbecken i.S.d. § 4 Nr. 3 Buchst. c GrStG. Derartige Vorgaben dienen primär dem Schutz der Allgemeinheit vor möglichen Gefahren, die von den Stauanlagen als solche ausgehen. Vom Gesetzgeber auferlegte Pflichten hinsichtlich der Wasserregulierung spiegeln somit nicht den Zweck der Anlage wider, sondern sind lediglich ein Reflex, der sich aus der Gefahrenträchtigkeit der Unterhaltung solcher Anlagen ergibt.
Rz. 355– 370
Einstweilen frei.