Rz. 205
Soweit BGB-Gesellschaft, OHG und KG – Personenvereinigungen im Sinne dieser Vorschrift – an Vermögensverschiebungen beteiligt sind, vervielfacht sich nach derzeit herrschender Praxis die Zahl der Zuwendungen entsprechend der Zahl ihrer Gesellschafter, die – so der II. BFH-Senat auf dem Boden der traditionellen Gesamthandslehre – anstelle der Gesellschaft als Erwerber und/oder Schenker behandelt werden. Dies vereinfacht die schenkungsteuerliche Erfassung keineswegs, die in Erwerbsfällen noch dadurch erschwert wird, dass nicht hinreichend klar ist, ob der Erwerbsgegenstand anteilig in der substanziellen Vermehrung des Gesellschaftsvermögens besteht, in einer Werterhöhung der stets bedarfsbewertungsbedürftigen Gesellschaftsbeteiligungen (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 4 BewG) oder – im Zusammenhang mit der Gesellschaftsgründung – im Gesellschaftsanteil selbst.
Rz. 206
Nach inzwischen gefestigter Auffassung des II. BFH-Senats erfolgt die Personifizierung der Steuerschuldner ausschließlich nach Maßgabe des Zivilrechts (s. Anm. 97). Konsequent ist deshalb zu beachten, dass inzwischen nicht nur die Zivilrechtsprechung die Rechtsfähigkeit und insbesondere die vermögensrechtliche Selbstständigkeit der Personengesellschaften grundsätzlich anerkennt (s. auch §§ 14 Abs. 2, 1059a Abs. 2 BGB, § 191 Abs. 2 Nrn. 1, 2 UmwG), sondern auch der Gesetzgeber mit § 899a BGB und §§ 47 Abs. 2, 82 Satz 3 GBO ausdrücklich akzeptiert, dass das Vermögen einer GbR, ebenso wie bei den Personenhandelsgesellschaften (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB), der Gesellschaft selbst und nicht den Gesellschaftern gehört. Die zivilrechtliche Rechtsentwicklung hat damit dem BFH gleichsam den Boden unter den Füßen weggezogen, der zur Begründung des favorisierten Durchgriffs durch die Personengesellschaft gerade umgekehrt argumentiert. Schon lange in Kenntnis dieser Situation beruft sich der II. BFH-Senat inzwischen, hins. § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. (nun § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), bereits auf die Zivilrechtslage. Er sollte daher auch alsbald im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seinen überholten Standpunkt aufgeben und sich dem BGH anschließen oder zumindest den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anrufen (§§ 2 Abs. 1, 11 RsprEinhG), um die Rechtsfrage abschließend klären zu lassen, wem nach § 718 BGB das Vermögen einer Gesamthandsgesellschaft zuzurechnen ist – es sei denn, eine Vorschrift des ErbStG oder des BewG würde ausdrücklich den Durchgriff auf die Gesellschafter erlauben (§§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 3 Satz 2 BewG).
Rz. 207
Doch gerade dies ist nicht der Fall. Gilt deshalb die Regelzurechnung nach § 39 Abs. 1 AO auch bei Zuwendungen an, von und zwischen Personengesellschaften, kann und darf nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Gesellschaft selbst als Schenker und/oder Erwerber in Betracht kommt. Allerdings ist sorgfältig zu prüfen, denn wie bei entsprechenden Zuwendungen an und von Kapitalgesellschaften sind selbstverständlich weiterhin Schenkungen an, von und auch zwischen den Gesellschaftern denkbar, wobei zusätzlich zu klären ist, wie man eine im Einzelfall auf den Steuerentstehungszeitpunkt (§ 11 ErbStG) festzustellende anteilige Zurechnung des Erwerbsgegenstands vornimmt: nach dem Kapitalkontenverhältnis, der gesellschaftsvertraglichen Gewinn- und Verlustbeteiligung (§ 722 BGB) oder nach dem im Zweifel stets maßgeblichen Kopfteilprinzip (§§ 426 Abs. 1 Satz 1, 427, 430, 431, 742 BGB). Hilfreich für die Praxis wäre daher eine Anwendungsregelung der Finanzverwaltung. Sie wurde bisher vermieden und könnte nun auch unbeeinflusst durch frühere Festlegungen konzipiert werden, durchaus in Anlehnung an H 18 ErbStH i.d.F. der Einheitl. Ländererlasse v. 20.10.2010. Jedenfalls sollten einschlägige Fälle alsbald auch vor die Finanzgerichte gelangen, die – offenbar insoweit nicht mehr problembewusst – der noch aktuellen Auffassung des II. BFH-Senats folgen. Dies dürfte auch die zurzeit am Beispiel unentgeltlicher Vermögensverschiebungen zwischen Schwesterpersonengesellschaften bislang nur ertragsteuerlich geführte Diskussion um die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG – eine Fundgrube für die Schenkungsteuerstellen – beleben.