Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 279
Mit Rz. 109 und 110 des Beschlusses des BVerfG vom 7.11.2006 wird hinsichtlich der vom Gesetzgeber vorzusehenden Wertermittlungsmethoden Folgendes ausgeführt:
„bb) In der Wahl der Wertermittlungsmethode, derer er sich zur Bestimmung des gemeinen Werts von Vermögensgegenständen bedient, ist der Gesetzgeber hingegen grundsätzlich frei. Inwieweit die praktische Umsetzung einer gleichheitsgerechten, am Verkehrswert orientierten Bewertung auch bei Zugrundelegung verschiedener Wertermittlungsmethoden für einzelne Gruppen von Vermögensgegenständen möglich ist, ist zunächst keine verfassungsrechtliche Frage, sondern ein im Gesetzgebungsverfahren zu lösendes steuertechnisches Problem. Es ist insoweit nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, nachzuprüfen, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 81, 108 [117 f.]).
Insbesondere kann er die Wertermittlungsregelungen unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines praktikablen Steuererhebungsverfahrens sowie der gesetzessystematisch notwendigen Typisierungen und Pauschalierungen ausgestalten. Die Methodik der Bewertung im Erbschaftsteuerrecht wird allerdings dann den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr gerecht, wenn sie dazu führt, dass nicht alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden. Denn auch wenn sich der Gesetzgeber wie im Falle der Erbschaftsteuer für eine nach verschiedenen Gruppen von Vermögensgegenständen unterschiedliche Wertermittlung bei den zu besteuernden Gütern entscheidet, muss er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig umsetzen und die Steuerpflichtigen – ungeachtet verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungen – gleichmäßig belasten (vgl. BVerfGE 23, 242 [256]; 84, 239 [271]; 93, 165 [172]).”
Rz. 280
Die vor dem 1.1.2009 geltenden Regelungen zur Bewertung des Betriebsvermögens haben die Voraussetzungen einer Bewertung mit realitätsgerechten Relationen zu anderen Vermögensgegenständen nicht erfüllt. Dazu führt das BVerfG in Rz. 113 bis 166 seines Beschlusses vom 7.11.2006 aus:
„Das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Die erbschaftsteuerlichen Bewertungsvorschriften führen bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen nicht zu dem gemeinen Wert angenäherten Steuerwerten. Sie sind deshalb nicht ausreichend belastungsgleich und folgerichtig ausgestaltet. Diese auf der ersten Ebene der Ermittlung der Bemessungsgrundlage angelegten, gegen den Gleichheitssatz verstoßenden Verwerfungen betreffen eine solche Vielzahl von Fällen und sind so schwerwiegend, dass die Anwendung einheitlicher Steuersätze auf alle Erbschafts- und Schenkungserwerber verfassungswidrig ist.
1. So fehlt es beim Betriebsvermögen an einer folgerichtigen Umsetzung der gesetzgeberischen Belastungsentscheidung auf der Bewertungsebene. Die weitgehende Übernahme der Steuerbilanzwerte verhindert strukturell eine Annäherung an den gemeinen Wert. Das führt zu Besteuerungsergebnissen, die mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind.
a) Der gemeine Wert von Betriebsvermögen kann nach verschiedenen Methoden ermittelt werden. Nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur dürfte hierfür die Ertragswertmethode unter Berücksichtigung des Substanzwerts (vor allem des nicht betriebsnotwendigen Vermögens, weil dieses den Ertrag nicht mit erwirtschaftet) vorherrschend sein (vgl. BGH, NJW 1993, S. 2101 [2103]; Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 49 ff. m.w.N.; Staudinger/Habermeier, BGB, 2003, § 738 Rn. 18; MünchKomm-BGB/Ulmer, 4. Aufl., 2004, § 738 Rn. 35; Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., 2006, § 738 Rn. 5; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., 2006, Einl v. § 1 Rn. 36). Der Wert des gesamten Betriebsvermögens wird dabei ermittelt, indem der aufgrund einer Prognose künftig erzielbare Ertrag mittels eines Kapitalisierungszinssatzes auf den Bewertungsstichtag abgezinst wird, wobei der Zinssatz sich nach einer Vergleichskapitalanlage bestimmt. Die Methode geht also davon aus, dass ein potentieller Käufer den Kaufpreis danach bemessen würde, wie viel Kapital er anderweitig anlegen müsste, um denselben Ertrag zu erwirtschaften.
Rz. 281
Keinen wesentlich anderen Ansatz verfolgen die so genannten Discounted Cash Flow-Verfahren, die in der betriebswirtschaftlichen Literatur im Vordringen sind. Bei ihnen wird der Wertermittlung ebenfalls der geschätzte Barwert der künftig zu erzielenden Überschüsse des betriebsnotwendigen Vermögens zugrunde gelegt (vgl. MünchKomm-BGB/Ulmer, aaO, Rn. 36). Beide Ermittlungsarten entsprechen damit dem Grundsatz der Gesamtbewertung. Auf die Werte der einzelnen im Betriebsvermögen enthaltenen Wirtschaftsgüter kommt es grundsätzlich nicht an.”
Rz. 282– 283
Einstweilen frei.