Rz. 22
Die zivilrechtlichen Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, die in § 313 BGB seit dem 1.1.2002 gesetzlich festgelegt sind, geben auch nach § 313 Abs. 3 BGB ein Rücktrittsrecht, sofern wesentliche Vorstellungen der Vertragsparteien, die bereits Vertragsgrundlage waren, sich später als falsch herausstellen. Ein Irrtum über die durch die Übertragung ausgelöste Schenkungsteuerpflicht ist unbeachtlich. Dient die Rückgängigmachung jedoch nur der Umwandlung des Rechtsgeschäfts in einen entgeltlichen Vertrag wegen nachträglich vom Gesetzgeber geschaffener Steuervorteile liegt darin kein Wegfall der Geschäftsgrundlage, sondern eine steuerpflichtige Rückschenkung. Demgegenüber kann die vom (mit-)beschenkten Partner des eigenen Kindes geteilte oder jedenfalls erkannte Vorstellung des Schenkers, eine zugewendete Immobilie werde vom eigenen Kind und dessen Partner dauerhaft als gemeinschaftliche Wohnung oder Familienwohnung genutzt, die Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags bilden. Hat die gemeinsame Nutzung der Immobilie entgegen der mit der Schenkung verbundenen Erwartung nur kurze Zeit angedauert, kommt regelmäßig ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht. In solchen Fällen ist es empfehlenswert, das weitere Zusammenleben der Beschenkten als wesentliche Geschäftsgrundlage in den Vertrag aufzunehmen und auch, wie lange es dauern soll.
Gestaltungstipp:
In Zweifelsfällen sollte man die Rückgängigmachung einer Schenkung in solch einem Fall von der Anerkennung dieses Grundes durch die Finanzverwaltung abhängig machen. Dadurch wird u.U. eine steuerpflichtige Rückschenkung vermieden.
Rz. 23
Durch sog. Steuerklauseln kann später viel Ärger vermieden werden. Laut Urteil des BFH vom 11.11.2009 können steuerliche Erwartungen Gegenstand eines Rückforderungsrechts unter dem Aspekt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur dann sein, wenn sie ausdrücklich in der Urkunde offengelegt sind. Der Gesetzgeber kann jedoch ein solches Rückforderungsrecht einschränken wie z.B. in § 37 Abs. 3 Satz 2 ErbStG (s. § 37 ErbStG Rz. 19).
Gestaltungstipp:
In Rückforderungsrechten sollte man ausdrücklich bestimmte steuerliche Tatbestände beschreiben, die Ursache für ein Rückforderungsrecht sein können, z.B. die Höhe der Schenkungsteuer und ein ausdrückliches Widerrufsrecht bei Überschreiten einer bestimmten Steuer. Oft kann jedoch eine solche Steuerklausel dem Schenker einen Vorwand geben, eine zwischenzeitlich von ihm aus anderen Gründen bedauerte Schenkung wieder rückgängig zu machen.
Rz. 24
Gewährten Schwiegereltern früher ihrem Schwiegerkind mit Rücksicht auf dessen Ehe mit ihrem Kind einen größeren Geldbetrag oder eine Immobilie kam nach der damaligen BGH-Rspr. zwischen den Beteiligten ein Rechtsverhältnis eigener Art zustande, das mit den (ehebezogenen) "unbenannten Zuwendungen" unter Ehegatten vergleichbar war). Ihre Zuwendungen konnten daher die Schwiegereltern grundsätzlich nicht zurückfordern, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten. Diese Rspr. hat der BGH zwischenzeitlich aufgegeben. Solche Leistungen sind als Schenkungen einzustufen und demnach nicht forderbar.